Wir werden also eine schwarz-blaue Regierung bekommen. Die Grünen sind rausgeflogen aus dem Parlament und auch sonst (von rühmlichen Ausnahmen wie Birgit Hebein und Faika El-Nagashi abgesehen) aus meiner Wahrnehmung verschwunden. Die Liste Pilz ist geköpft und versucht, trotzdem zu überleben, aber sonst hört man von ihr nichts.


 Die SPÖ geht in Opposition. Vielleicht kann sie sich unter Christian Kern als halblinke Kraft profilieren. Das wird nur dann möglich sein, wenn es gelingt, rechte Fransen à la Doskozil und Ludwig (und wie heißt der in Linz?) nachhaltig abzuschneiden. Was aber leider unwahrscheinlich ist.
 
Und jetzt wird es spannend. Denn es liegt jetzt fast allein an uns, den NGOs, der außerparlamentarischen Zivilgesellschaft, den politischen Kampf gegen das Unrecht zu führen.
 
Die letzten Verschärfungen des Asylrechts (wie vergessen das nie!) hat noch das bisherige rot-schwarze Regime beschlossen:
 
So den Zwang, in einem von Amts wegen zugewiesenen Bundesland zu wohnen, auch wenn man anderswo private Bindungen hat. Ebenso die Verpflichtung, in einem bestimmten Quartier zu wohnen, damit man leichter abgeschoben werden kann. Und vermehrte Vollmachten für die Polizei, etwa für Hausdurchsuchungen.
 
So darf die Polizei in Wohnungen privater Unterstützender eindringen, wenn „aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist“, dass eine Person, gegen die ein Festnahmeauftrag erlassen wurde, sich dort aufhält. Die Polizei darf auch Grundstücke betreten, wenn  „angenommen“ werden kann, daß dort drei Fremde sind, unter ihnen vielleicht ein Illegaler…
 
Es ist „anzunehmen“ (um bei diesem Ausdruck zu bleiben), daß die Polizei davon reichlich Gebrauch machen wird, zumal wenn das Innen-, pardon: Heimatschutzministerium unter dem neuen Regime an die FPÖ fallen sollte.
 
Es wird der Polizei wohl nicht schwerfallen, einfach „anzunehmen“, daß sich in der für die Betreuung Schutzsuchender genutzten Wohnung eines Unterstützers drei Fremde aufhalten und einer davon womöglich „illegal“ sein könnte.
 
Diese Gesetzesbestimmung ermöglicht also die Ausübung von Psychoterror gegen Unterstützende, um die Bewegung zu schwächen. Es kann aber sehr wohl auch sein, daß dieser Schuß nach hinten losgeht, da vermehrte Hausdurchsuchungen bei inländischen Privatpersonen Empörung auslösen und vermehrten Widerstand zur Folge haben werden. Es kommen also auch in dieser Hinsicht interessante Zeiten auf die Zivilgesellschaft zu.
 
Jetzt soll es aber mit dem schwarz-blauen Pakt, soweit wir ihn bisher kennen, noch schlimmer werden: Asylsuchende sollen nicht mehr privat wohnen dürfen, also nur mehr in Massenquartieren.
 
Wohngemeinschaften zwischen Einheimischen und Geflüchteten (wie sie während der großen Fluchthilfebewegung des Jahres 2015 überall im Land entstanden sind!) sollen also, wenn das so durchgeht, verboten sein. Warum wohl? Es soll verhindert werden, daß die Asylsuchenden Deutsch lernen, Freundschaften schließen, womöglich Liebesbeziehungen eingehen, überhaupt: daß sie sich integrieren. Diese Maßnahme ist auch ein Schlag gegen Wien, wo von 19.000 grundversorgten Asylsuchenden 13.000 privat untergebracht sind.
 
Auch die Einbürgerung wird erschwert: Anerkannte Flüchtlinge sollen nicht wie bisher nach sechs, sondern erst nach zehn Jahren die Staatsbürgerschaft erhalten, also genauso lange warten müssen wie „gewöhnliche“ Fremde. Dies steht in Widerspruch zu Artikel 34 der Genfer Flüchtlingskonvention, der ausdrücklich eine erleichterte und beschleunigte Einbürgerung von Konventionsflüchtlingen anordnet.
 
Drastisch gekürzt soll die Mindestsicherung werden, auf die anerkannte Flüchtlinge in gleichem Maße Anspruch wie inländische Arme haben. Diesem Angriff auf das karge Eigentum armer Menschen hat das rot-grüne Wien sich nun entgegengestellt; wir begrüßen das und erinnern das neue schwarz-blaue Regime an das Bibelwort: „Du sollst nicht stehlen!“
 
Aber auch die inländischen Armen werden unter Schwarz-Blau zu leiden haben. So will die künftige Regierung den Pflegebedürftigen (die ohnedies den Großteil ihres Geldes hergeben müssen) nun auch das bisher vom staatlichen Zugriff verschonte 13. und 14. Monatsgehalt wegnehmen, sodaß sie völlig zu Gnadenbrotempfängern werden.
 
Wesentlich ist also, daß Verschärfungen in allen gesellschaftlichen Bereichen bevorstehen, nicht nur bei Asyl und Migration, sondern ganz besonders im Sozialbereich. Es ist ein Sparpaket zu befürchten, das gerade die Ärmsten trifft. Hingegen werden Steuergeschenke an die Wohlhabenden ausgeschüttet.
 
Es ist also eine Regierung der Reichen, die jetzt ans Ruder kommt. Den Widerstand dagegen zu organisieren, wird Aufgabe der Zivilgesellschaft sein: der NGOs, der vielen privaten Initiativen überall im Land.
 
Wie es ausgeht, hängt davon ab, ob es gelingen wird, die vorhandenen Strukturen der Fluchthilfebewegung mit dem Kampf um die Rechte der Armen insgesamt zu verknüpfen.
 
Zehntausend Menschen bildeten am 15. November eine Lichterkette um das Regierungsviertel, eine Schutzkette gegen die Machtübernahme durch die Rechtsextremen. Es war nur ein Beginn.
 
Michael Genner
Obmann von Asyl in Not
23. November 2017

 
www.asyl-in-not.org
 
Spendenkonto: Asyl in Not
IBAN: AT29 3200 0000 0594 3139
BIC: RLNWATWW
 
Online spenden:
http://www.asyl-in-not.org/php/spenden.php

Newsletter-Updates

Enter your email address below and subscribe to our newsletter

Asyl in Not

Rechtsberatung

Wir ziehen um!

Unsere neue Adresse ist:

Werkl im Goethehof,
Schüttaustraße 1
1220 Wien

Unsere Beratung wird wie gewohnt jeden Montag zwischen 9 und 12 Uhr stattfinden.

Wir sind für euch da!

Komm in unser
Team!

Wir suchen immer angagierte Menschen die uns bei unserer Arbeit unterstützen wollen.