Vom Scheitern einer Abschiebepraxis
Vor kurzem erst haben wir von der neuen Praxis des Bundesasylamts berichtet, aus Afghanistan Geflohene in das zerstörte Land am Hindukusch abzuschieben. So wurde einem Asylwerber dort etwa jüngst die Glaubwürdigkeit abgesprochen, da nicht vorstellbar sei, dass Taliban jemanden auf offener Straße entführen können.
Vor kurzem erst haben wir von der neuen Praxis des Bundesasylamts berichtet, aus Afghanistan Geflohene in das zerstörte Land am Hindukusch abzuschieben. So wurde einem Asylwerber dort etwa jüngst die Glaubwürdigkeit abgesprochen, da nicht vorstellbar sei, dass Taliban jemanden auf offener Straße entführen können.
Die Frühlingsoffensive der Taliban am vergangenen Wochenende beweist jedoch eindrucksvoll, dass hier ein Fall mangelnder Vorstellungskraft des Referenten und nicht mangelnder Glaubwürdigkeit des Asylwerbers vorliegt. Wenn aufständische Gruppen dazu fähig sind, in Kabul Botschaften, das Hauptquartier der NATO vor Ort und gar das Parlament zu attackieren, dann sind auch Zivilisten auf offener Straße nicht vor ihnen sicher.
Wir haben auch auf einzelne Entscheidungen des Asylgerichtshofs aufmerksam gemacht, die den Schutz für Afghanen verweigern, da zwar nicht verkannt wird, dass die Lage dort nicht gut ist, aber offensichtlich dann doch gut genug für viele unserer Klienten.
Nun aber hat sich unserem Kampf, den Menschen aus Afghanistan ein Leben in Österreich zu ermöglichen, ein unerwarteter Verbündeter angeschlossen: Die Islamische Republik von Afghanistan selbst.
Denn diese stellt nur dann Heimreisezertifikate aus, wenn ein Ausgewiesener erklärt, freiwillig in seine Heimat zurückkehren zu wollen. Oder anders gesagt: Ein Afghane, der zwar abgeschoben werden soll, der das aber nicht möchte und der auch über keine Reisedokumente verfügt, kann in Österreich bleiben. So hat es das Innenministerium selbst auf eine Anfrage der ARGE Rechtsberatung aus Innsbruck erklärt.
So erfreulich das ist, so absurd ist es auch. Denn das bedeutet, dass in Österreich mehr und mehr Afghanen leben, die eigentlich als so genannte „Illegale“ nicht da bleiben dürfen, die weder arbeiten dürfen noch soziale Unterstützung erhalten, die aber auch nicht zurück nach Kabul geschickt werden können.
Die herrschende Praxis hilft also niemandem: Sie führt nur dazu, dass eine neue Klasse an Menschen geschaffen wird, die ohne Rechte dem Elend ausgeliefert wird, eine Klasse, die geduldet wird, aber nicht gewollt.
Die Abschiebungsversuche der Behörden sind also gescheitert. Zeit, sie zu beenden, Zeit den Tatsachen ins Auge zu blicken, und diesen Menschen, die unsere Hilfe benötigen, auch Hilfe anzubieten, anstatt mit Biegen und Brechen zu versuchen, ihnen ihre Rechte zu nehmen.
Mag. Norbert Kittenberger
Rechtsberater, Asyl in Not