Solidaritätserklärung der Refugees
Solidaritätserklärung für Michael Genner
in Bezug auf seinen Artikel „Schlepper und Lumpen“
Solidaritätserklärung für Michael Genner
in Bezug auf seinen Artikel „Schlepper und Lumpen“
Wir Refugees sind aus unterschiedlichen Gründen aus unseren Heimatländern geflohen. Wir wurden gezwungen vieles hinter uns zu lassen, das wir lieben: unsere Heimat, unsere Kultur, unsere Arbeit, unser normales Leben. Wir vermissen unsere Familien. Wir vermissen unsere Kinder. Unsere Freunde. Und wir vermissen die Straßen, in denen wir als Kinder gespielt haben. Wir haben viele Familienmitglieder im Krieg verloren und auch sie vermissen wir so sehr.
Jede*r Refugee, die*der sein Heimatland verlässt, hat den gleichen Gedanken: Wie kann ich einen legalen Status bekommen und ein normales und sicheres Leben in einem neuen Land beginnen?
Viele unserer Familienmitglieder und Freund*innen mussten auch die Heimat verlassen und leben jetzt auf der ganzen Welt verstreut. Es war nicht unsere freie Wahl, nach Europa zu kommen. Refugees ziehen um die ganze Welt, weil sie nicht an ihrem Aufenthaltsort bleiben können. Nur wenige von ihnen versuchen nach Europa zu kommen und suchen hier um Asyl und internationalen Schutz an. Die Mehrheit der Refugees stirbt auf dem Weg, schafft es nicht bis Europa oder muss zurückkehren.
Es gibt keine LEGALE Möglichkeit, nach Europa zu kommen. Wenn man kein Visum hat, riskiert man sein Leben, um nach Europa zu kommen. Die Behörden machen den Grenzübertritt immer schwieriger und gefährlicher. Daher ist es unmöglich, nach Europa ohne die Hilfe von Menschen zu kommen, die meist „Schlepper“ genannt werden. Auch mit den Schleppern ist der Weg gefährlich. Aber wir brauchen Fluchthilfe.
Die Geschichte jedes Refugee ist anders. Aber das gemeinsame Problem ist die Grenze. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Refugees beim Grenzübertritt zu unterstützen. Dafür braucht es Wissen, Planung und Mut.
Es gibt verschiedene Schlepper. Refugees können von Schleppern betrogen, gefoltert oder erpresst werden. Man hat keine Rechte, wenn man zu einem Schlepper geht. Man kann nicht einen Business Class Sitz verlangen wie im Flugzeug.
Aber gute Schlepper sind schnell, zeigen oder führen uns auf einem guten Weg, geben uns Unterkunft und Essen, kennen das Wetter. Ein guter Schlepper kann dir keine Garantie für einen erfolgreichen Grenzübertritt geben, und auch keine Garantie für dein Leben. Aber ein guter Schlepper bemüht sich um dein Leben.
Wir wollen nicht von Schleppern abhängig sein. Aber wir verstehen Schlepperei als eine, Dienstleistung, die großteils bezahlt ist und so lange existieren wird, wie es illegal ist, Grenzen zu übertreten.
Oft bezahlen Schlepper die Grenzwachen, die Polizei oder die Behörden, damit wir ohne Kontrolle über die Grenze gehen können.
Das sind dieselben Behörden, die Migration und Refugees kriminalisieren und Menschenrechte verletzen. Sie gehören zu dem rassistischen Teil des Systems, das Asyl verweigert, Anhaltezentren schafft und mit Abschiebungen Profit macht.
Doch in Wirklichkeit sind Abschiebungen die tatsächliche Schlepperei von Menschen!!
Michael Genner und seine Organisation „Asyl in Not“ haben das Refugee Protest Movement von Anfang an tatkräftig unterstützt und die Aktivisten in Rechtssachen beraten. Es war ein Akt der Solidarität mit allen Refugees, als Michael Genner, ein öffentliches Statement zu Schlepperei und der notwendigen Unterstützung beim Grenzübertritt verfasst hat.
Dies führte dazu, dass nun eine Person wie Michael Genner fast vor Gericht gebracht wurde, eine Person, die ihr ganzes Leben lang offen und konsequent gegen diese Strukturen gekämpft hat. Es war ein Versuch, ihn und alle Anderen zum Schweigen zu bringen, welche die Kämpfe von Refugees gegen ein ungerechtes System unterstützen.
Wir wollen daran erinnern, wieso Michael Genner dieses Statement verfasst hat:
Ende Juli 2013 wurden acht Aktivisten unseres Protests abgeschoben. Sofort solidarisierten sich wachsende Teile der Zivilgesellschaft mit den Abgeschobenen. Die Regierung reagierte darauf mit dem Versuch, die Bewegung zu zerstören. Sie kriminalisierte und verhaftete einige Aktivisten unter dem konstruierten Verdacht, sie seien Teil einer internationalen Schlepperorganisation. Schon bald musste das Innenministerium große Teile seiner Anschuldigungen zurücknehmen. Mehr als sechs Monate sind die Aktivisten nun in Untersuchungshaft und warten auf ihren Prozess.
Nun sind vor wenigen Wochen zwei Personen von unserem Protest enthaftet worden. Sie warten nun auf ihr Gerichtsverfahren. Wir sehen dies als Erfolg, weil es aufzeigt, dass die Autoritäten keine Beweise haben. Aber wir fragen euch- aus welchem Grund mussten sie so viele Monate im Gefängnis auf ihre Verfahren warten? Sie sind doch keine Verbrecher!
Wir ersuchen nun die österreichische Öffentlichkeit, mit den nach wie vor Gefangenen Solidarität zu zeigen und den anstehenden Prozess zu beobachten!
Regierungen verletzen Menschenrechte weltweit.
Es darf den Behörden nicht möglich sein, Menschen zu kriminalisieren, die offen für Bewegungs- und Redefreiheit eintreten. Es darf den Behörden nicht möglich sein, Migrant*innen und Refugees zu kriminalisieren!
Wir lassen es uns nicht verbieten, weiter für unsere Rechte zu kämpfen!
You cannot silence us!
No border, no nation! Stop criminalization!
Together we will rise!
Refugee Protest Movement Vienna, Februar 2014