Neben all den Berichten zu Menschenrechtsverletzungen und fragwürdigen Entscheidungen gibt es manchmal auch Positives zu berichten. Unsere Leser erinnern sich vielleicht noch an den Fall der Familie Y., über den im Dezember 2011 auch “Der Standard” berichtet hat.
Damals sollte eine afghanische Mutter mit fünf Kindern nach Bulgarien abgeschoben werden, ihr ältester Sohn sollte in Österreich bleiben. Die Kinder verhinderten das aber: Als der Kleinbus am Flughafengelände angelangt war, ergriffen sie die Flucht. Die Behörden konnten sie erst wieder fassen, als das Flugzeug bereits in die Luft gestiegen war.
Lange zitterten und kämpften wir um die Familie: Gerüchte tauchten auf, dass eine neue Abschiebung geplant sei, und lange Zeit weigerten sich die Behörden, die Mutter mit ihren Kindern, deren ältester Sohn sich schon lange vor ihrer Ankunft in Bulgarien in Österreich aufhielt, zum inhaltlichen Verfahren zuzulassen. Fast ein Jahr verging.
Dann endlich die Erleichterung: Die Familie erhielt die weiße Karte, durfte vorerst hier bleiben. Die Gefahr einer Abschiebung war damit freilich noch nicht gebannt, doch die Chancen standen gut: K., die Mutter der Kinder, war in Kabul von Zwangsheirat bedroht und floh vor einem jähzornigen Patriarchen, der Frauen und Kinder als persönlichen Besitz ansah, ebenso wie vor einem Staat, dessen Gesetze solche Ansichten als Recht zementieren.
Sie ist eine westlich orientierte Frau, für die ein Leben unter solchen Bedingungen niemals zumutbar sein kann: In Afghanistan wäre sie einer Verfolgung ausgesetzt, und zwar alleine schon deshalb, weil sie eine Frau ist, die sich den männlichen Machtstrukturen nicht unterwerfen will. Der Asylgerichtshof gewährt in solchen Fällen in ständiger Rechtsprechung Asyl.
Das Bundesasylamt Graz leider nicht, wie nach einer Einvernahme, in der im Wesentlichen Wohnadressen erfragt wurden, schnell klar wurde, dort beschränkte man sich auf subsidiären Schutz, ein Aufenthaltsrecht für zunächst nur ein Jahr.
Verfolgt sei Frau K. nicht, begründete man die Entscheidung, aber die allgemeine Situation für Frauen ist dann doch schlecht genug, dass ihre Rückkehr nach Afghanistan unmenschlich für sie wäre. Hinweise auf die Rechtsprechung des Asylgerichtshofs gingen ins Leere, die Beschwerde wurde von uns erhoben.
Letztlich mit Erfolg: Nach einer Verhandlung beim Asylgerichtshof, in der K. nochmals ihre Probleme in der Heimat schilderte, wurde der Familie Asyl zuerkannt.
Dank sei hier an die Richter Mag. Lammer und Dr. Leonhartsberger ausgesprochen, die das Verfahren schnell, unkompliziert und doch sorgfältig zum Abschluss brachten und dem jahrelangen Zittern der Familie um einen dauerhaften Verbleib in Österreich ein Ende bereiteten. Wir freuen uns gemeinsam mit Familie Y. und wünschen ihr für ihr weiteres Leben in Österreich alles Gute!
Mag. Norbert Kittenberger
Asyl in Not (Leiter der Rechtsabteilung, Büroleiter)
http://www.asyl-in-not.org/php/frueh_uebt_sich_wer_fluechtling_werden_will,19305,29126.html
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