Einheit, aber nicht um jeden Preis
Wir können nicht mehr schweigen
Liebe Leserinnen und Leser, ich habe der Plattform für eine menschliche Asylpolitik seit dem Sommer 2015 als Sprecher gedient. Wir haben viele gemeinsame Aktionen gemacht, so die großen Demonstrationen am 3. Oktober 2015 und am 13. Jänner 2018, zu denen jeweils 70.000 Menschen kamen.
Ich habe um der Einheit willen Kompromisse geschlossen und zu allerlei Umtrieben den Mund gehalten, die in dieser Plattform stattfanden. Aber jetzt, wo die Soldaten des türkischen Terrorregimes ein Massaker vorbereiten und manche sogenannte Linke dazu schweigen, ist mir das nicht mehr zumutbar.
Auf der großen Demonstration am Christian Broda Platz zum Neujahrsempfang für das neue schwarz-blaue Regime habe ich vielen zehntausenden Menschen versprochen, daß die neuen Faschisten dieses unser Land nicht erobern werden. Dieser Satz aus meiner Rede wurde in allen Medien, auch international, zitiert.
Wenige Tage vor dieser Demonstration war eine Vorbesprechung, zu der fünf oder sechs Damen vom „Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft“ (NMZ) erschienen sind. Sie haben gefordert, daß ich auf der Demonstration nicht sprechen darf…
Warum nicht? Weil ich kurz vorher, am 1. Jänner 2018, im Neujahrsaufruf von Asyl in Not drei Wünsche ausgesprochen hatte: daß es uns gelingt, das schwarz-blaue Regime in Österreich und ebenso das Mullah-Regime im Iran und das Erdogan-Regime in der Türkei zu Fall zu bringen.
https://asyl-in-not.org/php/neujahr_2018,22297,44654.html
Ich hatte dieses muslimische Netzwerk mit keinem Wort erwähnt. Die Damen haben sich aber offenbar mitgemeint gefühlt…
Sie sind damals abgeblitzt. Meine Rede hat viel Anklang gefunden. Aber auch eine Sprecherin des sogenannten Netzwerks Muslimische Zivilgesellschaft, Gözde Taskaya, hat damals eine Rede gehalten.
Ihre Rede wurde auf der Facebookseite „Osmanische Generation“ gepostet, einer widerwärtigen antikurdischen und antisemitischen Hetzseite; ebenso auf der Seite des Hakan Görsü, vormals Obmann der „Union Europäisch-türkischer Demokraten“ (UETD), einer Vorfeldorganisation des Erdogan-Regimes in Österreich.
Diese „Osmanische Generation“ (zu der die Sprecherin des Netzwerks Muslimische Zivilgesellschaft offenbar soziale und politische Kontakte unterhält) ist eine Propagandaseite des Erdogan-Regimes und betreibt permanent antikurdisch-rassistische, aber auch antisemitische Hetze.
Hakan Görsü hat in einer Aussendung die kurdische Widerstandsbewegung PKK als „Krankheitserreger“ bezeichnet. Die „Osmanische Generation“ preist Erdogan als Erneuerer des Kalifats an.
Beweis: Erdogan, Réunion of Khalifat (Osmanische Generation als admin):
https://www.facebook.com/groups/238400703236723/?source_id=1598302123763544
Und vieles andere mehr. Wem vor nichts graust, dem lege ich die Lektüre dieser Hetzseite warm ans Herz.
Es handelt sich, wohlgemerkt, um ein Propagandamedium eines Verfolgerregimes, vor dem nicht wenige der KlientInnen von Asyl in Not (unter ihnen schwer traumatisierte Folteropfer) geflüchtet sind.
Das „Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft“ (NMZ) ist eine Gruppierung des politischen Islam in Österreich. Gözde Taskaya gehört einer Facebook-Gruppe an, in der dazu aufgefordert wurde, Erdogan-Gegner in Österreich auszuspionieren und ihre Daten dem türkischen Regime zu melden. Dieser Aufforderung ist Frau Taskaya nicht entgegengetreten, sondern hat sich lediglich interessiert gezeigt, wie eine solche Anzeige denn funktioniert.
Für die nun geplante Demonstration am 17. März ist wieder ein Redebeitrag des NMZ vorgesehen, während ich (übrigens ohne Beschlußfassung durch ein zuständiges Gremium) als Redner ausgeladen wurde, obwohl ich derzeit eigentlich noch Plattformsprecher bin. Es waren die muslimischen Netzwerke, die meine Abberufung gefordert und sich offenbar durchgesetzt haben.
Damit ist eine rote Linie überschritten: Es kann nicht geduldet werden, daß eine islamische Gruppe darüber mitbestimmt, wer für eine säkulare politische Plattform sprechen darf. So hat es im Iran vor 40 Jahren auch angefangen. Und wir wissen, wie es dort ausgegangen ist.
In den letzten Tagen und Stunden hat es viele Proteste gegeben, die mich ermutigen, dieser Provokation entgegenzutreten.
Ich habe daher an die Leitungsgruppe der Plattform den Antrag gestellt, dem Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft das Rederecht auf der Demonstration am 17. März 2018 zu entziehen.
Ich habe weiters verlangt, dem Netzwerk Muslimische Zivilgesellschaft folgende Fragen zu stellen:
- Ist das NMZ bereit, sich klar und unmissverständlich vom Erdogan-Regime zu distanzieren?
- Ist das NMZ insbesondere bereit, die türkische Aggression gegen Afrin zu verurteilen?
- Ist das NMZ bereit, für die Zukunft jede Zusammenarbeit mit erdoganistischen Organisationen, wie UETD oder Osmanische Generation, auszuschließen?
Eine Antwort auf diese Fragen liegt bisher nicht vor. Auch hat die Leitungsgruppe der Plattform (der ich angesichts der Dringlichkeit eine Frist bis heute, Montag früh, eingeräumt hatte) bis jetzt keine Entscheidung getroffen.
Daher wende ich mich jetzt an die Öffentlichkeit. Jene breite, demokratische Öffentlichkeit, die die großen Demonstrationen für eine menschliche Asylpolitik und gegen das schwarz-blaue Regime getragen hat.
Eine Plattform, die für eine menschliche Asylpolitik eintritt, kann in ihren Reihen kein Netzwerk dulden, das für ein Verfolgerregime Partei ergreift, vor dem unzählige schwer traumatisierte Folteropfer geflüchtet sind.
Da die Kerngruppe dieser Plattform leider nicht imstande war, sich von diesen Geschöpfen zu distanzierten, kann Asyl in Not nicht länger mit dieser Plattform zusammenarbeiten.
Ich trete daher als Sprecher der Plattform mit sofortiger Wirkung zurück und Asyl in Not scheidet aus der Kerngruppe der Plattform aus.
Wir rufen dazu auf, neue Netzwerke der demokratischen Zivilgesellschaft zu gründen, die vom politisch-islamischen Ballast befreit und daher viel besser in der Lage sind, den faschistischen Gefahren jeder Art entgegenzutreten, die uns alle bedrohen.
Michael Genner
Obmann von Asyl in Not
Mitbegründer und ehemaliger Sprecher der Plattform für eine menschliche Asylpolitik
12. März 2018
Spendenkonto: Asyl in Not
IBAN: AT29 3200 0000 0594 3139
BIC: RLNWATWW
Online spenden:
https://asyl-in-not.org/php/spenden.php