Wir haben einen Angriff abgewehrt. Zumindest vorläufig. Es ist noch kein entscheidender Durchbruch, sondern nur ein Zwischenerfolg; aber ein großer und wichtiger. Das zeigt schon der Geifer, der jetzt hochkommt. Unsere Gegner hatten sich ihres Sieges zu sicher gefühlt.

 

Es hätte ja auch beinahe funktioniert: Präsidentenwahl; Absetzung der Regierung, Parlamentsauflösung, Neuwahl im Schwung eines Hofersieges; Rechtsregierung, Notstand, Notverordnungen… Und wir Linken wären weder technisch-organisatorisch noch mental auf den Kampf vorbereitet, der dann auf der Tagesordnung stünde…
 
Ihr schöner Plan ist also schiefgegangen; wir alle haben dazu beigetragen, wir vielen, wir die Zivilgesellschaft: das „andere Österreich“. Eine Basisbewegung. Unseren Erfolg wollen wir auch feiern, aber nur kurz. Denn der Kampf geht jetzt erst richtig los.
 
Das Land ist tief gespalten und wird es auch bleiben. Das ist nicht neu, es ist nur besonders sichtbar geworden, wieder einmal. Das Problem, das wir haben, ist alt; es ist 1945 nicht gelöst worden und auch später nicht.
 
Manche hatten ja gemeint, man solle den Kandidaten der extremen Rechten nicht angreifen, keinen „negativen“ Wahlkampf führen, sondern „positiv“ bleiben und nur für Van der Bellen werben… Was für ein Wahnsinn! Mit dieser Strategie wäre der Sieg Hofers sicher gewesen.
 
Van der Bellen war aber – jedenfalls in der Stichwahl – nicht mehr Kandidat der Grünen allein, sondern Hoffnungsträger für viele. Und wir, die Zivilgesellschaft, wir die kleinen Grassroots-Initiativen, haben uns eben nicht an den von oben verordneten Unfug gehalten, sondern einen Lagerwahlkampf geführt und an alle diejenigen appelliert, die keinen Hofer, keinen Burschenschafter, keinen Kornblumenträger als Präsidenten wollten.
 
Diese „antifaschistische Koalition“ der „NS-Gegner“ (wie Hellmut Butterweck im „Standard“ formulierte) hat den Wahlausgang entschieden. So wie auch schon im vergangenen Oktober den Ausgang der Wiener Gemeinderatswahl.
 
Wichtig war auch, daß Faymanns Sturz gerade noch rechtzeitig erzwungen wurde. Er war schon viel früher fällig; dann wäre Hofer gar nicht erst so groß geworden. Faymann stand für die (bei vielen Menschen zu Recht verhaßte) bisherige große Koalition und produzierte rechte Proteststimmen am  laufenden Band. Sein Verschwinden nahm der rechten Hetze zumindest ein bißchen den Wind aus den Segeln.
 
Unser großer Dank gilt daher allen jenen, die am 1. Mai am Rathausplatz gegen Faymann demonstrierten. Sie haben einen wichtigen Beitrag geleistet, um Hofer zu verhindern und Van der Bellen zum Sieg zu führen. Ein Beweis mehr dafür, daß Protest sich lohnt.
 
Van der Bellen wird gut beraten sein, auf diejenigen zu hören, denen er seinen Erfolg verdankt; der neue Bundeskanzler Christian Kern ebenso. Denn wir werden uns um die Früchte unserer Arbeit nicht betrügen lassen.
 
Daher werden wir den Kampf um das Menschenrecht auf Asyl weiterführen. Aber ebenso gilt es, die soziale Frage auf die Tagesordnung zu setzen: die Sorgen und Nöte der schlecht bezahlten, prekär beschäftigten, arbeitenden Menschen; der alleinerziehenden Mütter; der Arbeitslosen, Obdachlosen, aller die vom herrschenden System benachteiligt und ausgebeutet werden.  
 
Allen, die diesmal Hofer gewählt haben, um gegen das System zu protestieren, und die ihren Irrtum erkennen, reichen wir die Hand. Allen, die im Irrtum verharren, treten wir entgegen, und zwar in aller Ruhe und Gelassenheit….
 
Michael Genner
Obmann von Asyl in Not
24. Mai 2016

 
http://derstandard.at/2000037360817/Wahlen-und-NS-Gegner-Die-andere-Polarisierung
http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-05/oesterreich-bundespraesidentenwahl-norbert-hofer-alexander-van-der-bellen
 
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