„Wir freuen uns, daß auch einige SozialdemokratInnen zu unserer Demonstration gekommen sind; daß der Obmann der Sozialistischen Jugend hier zu uns sprechen und die Volkshilfe Oberösterreich mit einem Bus aus Linz zu uns stoßen wird.

Aber wir machen uns keine Illusionen: Die meisten Abgeordneten der SPÖ im Parlament werden auch diesem rassistischen Schandgesetz zustimmen, so wie jedes dieser Gesetze seit Löschnak und Matzka mit breiter Mehrheit beschlossen worden ist.

Wir demonstrieren hier auf dem Christian Broda Platz; wie viele der jetzigen Abgeordneten der SPÖ wissen eigentlich noch, wer Christian Broda war?

Christian Broda war Widerstandskämpfer gegen den Austrofaschismus und gegen die Nazis. Später war er Justizminister und hat große Reformen zustande gebracht. Ich hatte mit ihm manchen Konflikt, aber immer auf der Grundlage gegenseitigen Respekts. Am Ende seines Lebens, als Pensionist, hat er seine Hauptaufgabe darin gesehen, das Asylrecht zu verteidigen.

Broda forderte in seiner Rede vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarats in Straßburg am 28.1.1987 die Verankerung des Rechts auf Asyl in der Europäischen Menschenrechtskonvention (die in Österreich Verfassungsrang genießt). Und er forderte – nicht nur für Flüchtlinge, sondern für alle ‚Ausländer‘! – nach vier Jahren Aufenthalt das Wahlrecht und den Rechtsanspruch auf Einbürgerung. Broda sagte damals:

Es darf nicht sein, daß unsere Gesellschaft dauernd in zwei Gruppen mit mehr und mit weniger Rechten zerfällt: in die Klasse der Einheimischen und in die Klasse der Fremden. Der Wert des Schutzes der Menschenrechte erweist sich dort, wo man sie braucht. In der Diskriminierung der Minderheiten lebt der Faschismus fort. Der Rassismus ist der Faschismus unserer Tage‘.

Es war seine letzte Rede, sein politisches Vermächtnis, drei Tage vor seinem Tod.

Liebe Freundinnen und Freunde, was würde Christian Broda wohl sagen, könnte er all die Caps und Konsorten sehen, die heute ihren Parlamentsclub vergattern, damit das rassistische Unrechtspaket der Fekter und der Mikl mit breiter Mehrheit beschlossen werden kann? Würde er noch leben, dann stünde er heute hier in unseren Reihen auf seinem Platz.

Aber auch wenn dieses Gesetz in dem einen oder anderen Punkt entschärft würde – Asyl in Not gäbe sich nicht damit zufrieden. Was wir wollen, ist die Aufhebung des gesamten Prokop’schen Unrechtspakets, unter dem die Flüchtlinge und ‚Fremden‘ in diesem Land seit Jahren leiden.

Denn wir wollen eine Gesellschaft, die auf Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit beruht. Diese Demonstration ist nur ein Beginn. Eines Tages wird das Menschenrecht siegen.“

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