Alberschwende. Ein Dorf wehrt sich

Das Manifest von Alberschwende

Alberschwende ist ein Dorf im Bregenzerwald (Vorarlberg). Einige syrische Klienten von Asyl in Not sind dort untergebracht. Sie sind von der Abschiebung nach Ungarn bedroht, wo sie schon einmal schweren Mißhandlungen ausgesetzt waren. Wir berichteten vor kurzem über einen skandalösen Dublin-Bescheid, gegen den wir Beschwerde erhoben; mittlerweile sind es schon drei.


Die Gemeinde Alberschwende steht hinter ihren syrischen Neubürgern. Bürgermeisterin Angelika Schwarzmann (ÖVP) hat uns (ebenso wie vielen anderen Einrichtungen und politischen Persönlichkeiten bis zum Bundespräsidenten) ein Rundschreiben und ein Manifest geschickt, die wir in Auszügen veröffentlichen; den gesamten Wortlaut finden sie hier:
 
http://www.alberschwende.at/fileadmin/Download/Asylverfahren-Manifest_und_Aktivit%C3%A4ten.pdf
 
Ebenso auf der Homepage unserer Vorarlberger Partner-NGO Vindex – Schutz und Asyl:
http://www.vindex.or.at/manifest-der-gemeinde-alberschwende/
 
Aus dem Rundschreiben der Bürgermeisterin
 
Es gärt im Land, es rumort in den Gemeinden! Durch unsere Aktivitäten mit Asylwerbern haben wir Einblick in die Unzulänglichkeiten des europäischen Asylsystems (Dublinabkommen) bekommen. Wir sind nicht mehr gewillt, uns gleichgültig den ‚Achselzuckern‘ anzuschließen. Wir Menschen an der Basis scheinen in puncto Asylpolitik weiter zu sein, als die mutlose und – in diesem Falle – unehrliche ‚hohe‘ Politik.
 
Wir schreiben in unserem beiliegenden Manifest ganz bewußt vom zivilen Gehorsam, weil wir die EU-Grundrechtscharta befolgen, indem wir staatlich angeordnete Deportationen verhindern, die zu Menschenrechtsverletzungen führen können.
 
Wir geben die Stimmung von Bürgerinnen und Bürgern (Wählerinnen und Wähler) an der politischen Basis wieder. Ihre Basis handelt bereits im Sinne der Menschlichkeit. Für die hohe Politik wird es höchste Zeit, eine Asylpolitik des 21. Jahrhunderts zu entwickeln, ohne Schielen auf ewig gestriges Gedankengut.
 
In Vertretung vieler Bürgerinnen und Bürger, Angelika Schwarzmann, Bürgermeisterin.
 
Aus dem Manifest:
 
Der Bund trat mit der Bitte an die Gemeinden heran, Asylplätze zu schaffen. Zahlreiche Gemeinden und Privatpersonen wurden aktiv und stellten Plätze zur Verfügung. So auch in unserem Dorf Alberschwende. Ein Dorf strengt sich an und will ein positives Beispiel setzen.
 
(…) Unsere neuen Mitbürger sind gut ausgebildete, weltoffene junge Männer, die in  der Gemeinde mithelfen und mitarbeiten, wo immer sie gefragt werden. Eine Welle der Solidarität geht durch unser Dorf. (…)
 
Ibrahim, studierter Physiker und Maschinenbauer, erlebt den Bürgerkrieg in Altal City nahe Damaskus. Täglich birgt er zerfetzte Leichen, Frauen und Kinder. Dann erhält er die Einberufung zum Kriegsdienst. Jetzt ist er in der katastrophalen Situation, auf die eigenen Mitbürger schießen zu müssen. Wer sich weigert, wird standrechtlich erschossen….
 
Die Flüchtlingsgruppe von Ibrahim bestand aus vier Personen, die gemeinsam die Flucht nach Deutschland wagten. (…) In Ungarn angekommen, wurde die Gruppe mit 15 weiteren Personen in einen 3×3 Meter großen Käfig gesperrt – ohne Essen und Trinken. Zum Urinlassen wurde lediglich eine leere Flasche in den Käfig gereicht.
 
Die Behörden forderten die Flüchtlinge auf, ihre Unterschriften unter die ungarischen Dokumente zu setzen. Sie weigerten sich, da sie in einem sicheren Land um Asyl bitten wollten. Nach 18 Stunden wurde den ersten zum Teil unter Schlägen ihre Unterschrift abgepreßt. Andere unterschrieben dann „freiwillig“. Schockiert von diesen Grausamkeiten unternahm die Gruppe die Flucht nach Österreich. (….)
 
Ein Dorf wehrt sich.
 
(…) Wer derzeit in einen unsicheren Staat wie Ungarn abschiebt, nimmt fortgesetzte Menschenrechtsverletzungen in Kauf  und bricht die europäische Grundrechtscharta. Wer sich schützend vor abzuschiebende Asylwerber stellt, bricht kein Gesetz – im Gegenteil, sie/er verhindert eine Handlung, die zu einer Grundrechtsverletzung führen kann.
 
Da Schutz und Sicherheit durch die unmenschliche Abschiebepraxis nicht gewährleistet ist, sehen wir uns bei ‚Rückführungen‘ in  Länder wie Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Italien berufen, unsere Asylwerber auch gegen die eigenen Bundesbehörden zu schützen.
 
Die Gemeinschaft von Alberschwende stellt sich dem Bruch von Grundrechten entgegen. Es ist unser Recht, ja unsere staatsbürgerliche Pflicht, solches Unrecht zu verhindern.
 
(…) Wenn der Status ‚Bundesasyl‘ nicht mehr vor Unmenschlichkeit schützt, dann tun wir dies mittels ’Gemeindeasyl‘ – konsequent und nachhaltig. Die Kreativität von Gemeinde und Pfarre im zivilen Gehorsam ist groß!
 
(…) Was sind also unsere Forderungen? Wir stellen keine eigenen Forderungen. Sie ergeben sich aus den Verpflichtungen, die such unser Land durch Gesetze und internationale Verträge selbst auferlegt hat. Wir fordern deren Einhaltung!
 
Für die Gemeinde: Bürgermeisterin Angelika Schwarzmann
Für die Pfarre: Pfarrer Peter Mathei
Für die Kulturmeile Alberschwende: Dr. Erich Schwarzmann
 
http://www.alberschwende.at/
 
Asyl in Not begrüßt diese Initiative sehr. Wir werden weiter berichten.
 
www.asyl-in-not.org
https://asyl-in-not.org/php/spenden.php

Newsletter gefällig?

Melde dich hier an und bleib' auf dem Laufenden über aktuelle Veranstaltungen, neue Entwicklungen und mehr

Komm in unser
Team!

Wir suchen immer angagierte Menschen die uns bei unserer Arbeit unterstützen wollen.