Afghanistan! Abschiebung in die Ungewissheit
In der Nacht von 30.05. auf 31.05. wurde Amir[1] nach Afghanistan abgeschoben. Er sitzt jetzt alleine in Kabul, hat Angst auf die Straßen zu gehen, kratzt mühsam Geld zusammen, um das Land schnell wieder verlassen zu können, nach Teheran, nach Islamabad, irgendwohin, wo es sicher ist.
Amir hatte Pech. Ende März wurde sein erster Asylantrag rechtskräftig abgewiesen, man glaubte ihm nicht und nahm an, dass Kabul schon sicher genug für ihn sei. Drei Wochen später erhielt er eine E-Mail seines Bruders. Sein Bruder tadelte und warnte ihn. In Afghanistan hat sich herumgesprochen, dass er sich auf das Christentum eingelassen hat, heißt es in der Mail. Ein Mullah fordert seinen Tod, heißt es weiter, die Familie kann ihm jetzt nicht mehr helfen. Amir hatte den Schock noch nicht verarbeitet, als man ihn in Schubhaft nahm.
Mein Kollege Rick besuchte ihn, unterstützte ihn, half ihm einen neuen Asylantrag zu stellen. Kurz noch keimte Hoffnung auf. Gemeinsam mit dem neuen Antrag legte Amir die Mail seines Bruders vor, legte einen Bericht vor, der in Österreich in einer Zeitschrift berichtet wurde, über ihn, der zum Christentum übertreten will.
Noch am selben Tag aber zerschmetterte ein Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jede Chance auf einen Verbleib. Der faktische Abschiebeschutz wurde aberkannt, weil der Asylantrag nicht früher gestellt wurde und weil die Lage in Afghanistan sich nicht verschlechtert haben soll.
Am selben Tag noch, am Tag der Ankunft in Kabul, explodiert mitten in der Stadt eine Bombe, mehr als 150 Menschen sterben. Tags darauf erschießen Aufständische Menschen, die um die Ermordeten trauern. Das ist das Kabul, in dem Amir sich nun versteckt hält, unfähig, zu seiner Familie zurückzukehren, in Hoffnung, möglichst schnell wieder irgendwohin in Sicherheit zu fliehen.
Amirs Schicksal ist kein Einzelfall. Wir von Asyl in Not fordern, dass dieser Wahnsinn ein Ende hat! Wir fordern, dass Menschen nicht länger in das zweitunsicherste Land der Welt abgeschoben werden! Wir fordern, dass Österreich nach deutschem Vorbild nicht länger nach Afghanistan abschiebt!
Solange dieser Irrsinn aber weiter geht, kämpfen wir darum, dass er endet – mit juristischen Mitteln und mit Druck von der Straße. Sie, liebe SpenderInnen und Spender, bitten wir uns bei diesem wichtigen Anliegen zu unterstützen.
Mag. Norbert Kittenberger
Leiter der Rechtsabteilung von Asyl in Not
[1] Name geändert.