Erfolg: NTONGO – Asylaberkennung verhindert, Maßnahmenvollzug beendet

Der Fall NTONGO ist einer, auf den wir besonders stolz sind und der – wie kein anderer – den vor Unterbeschäftigung wildwuchernden Beamtenapparat skizziert.

Herr NTONGO hat 2003 als Kind Asyl erhalten. Seine Mutter ist 2000 nach Österreich geflohen, nachdem sein Vater vom Kabila-Regime ermordet wurde. (Damals schon musste Beschwerde gegen den negativen Bescheid eingelegt werden. Herr NTONGO erhielt erst vom Gericht Asyl, das als Kind politischer Verfolgter.)

Knapp 20 Jahre später soll unserem Klienten der internationale Schutz aberkannt werden, zumindest wenn es nach dem BFA geht. 

Im Dezember 2020 kommt Herr NTONGO in unser Büro, mit der Niederschrift einer Einvernahme mit dem BFA, die per Video durchgeführt wurde, im Maßnahmenvollzug. Nach einer kurzen Haft befand sich Herr NTONGO nämlich seit 2015 im Maßnahmenvollzug und in wenigen Monaten stand seine Haftüberprüfung bevor. Für ihn wie für uns war klar, dass dies kein Zufall war.
 

“Ich habe das damals durchaus als Schikane wahrgenommen. Das Schlimmste an dem Aberkennungsverfahren war für mich, die Angst abgeschoben zu werden, in ein Land, das für mich gefährlich ist oder nie wieder arbeiten zu dürfen und meinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen.”

Herr NTONGO hatte während der Einvernahme keine Rechtsvertretung dabei und tat das einzig Richtige: Über weite Strecken machte er von seinem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch. Die wichtigsten Punkte brachte er selbst an, seine ganze Familie ist in Österreich, die meisten sind mittlerweile Staatsbürger*innen, sein Sohn lebt auch in Wien, er ist seit über 17 Jahren asylberechtigt. 

Es kommt wie es kommen muss, das BFA erlässt – trotz Stellungnahmen unsererseits – einen negativen Bescheid mit einer Begründung, die uns mit ihrer Weltfremdheit und schlampigen Argumentation beeindruckt. Die DR Kongo sei in einem politischen Wandel begriffen, Herrn NTONGOs Erkrankung könne man dort jederzeit behandeln. Das stimmt selbstverständlich nicht, was wir bereits in unserer Stellungnahme vorbrachten. Herr NTONGO ist weder eines schweren Verbrechens schuldig, noch gemeingefährlich und noch weniger ist die DR Kongo ein sicheres Land für politisch Verfolgte. 

Aber was man nicht hat, muss man im BFA erfinden. So kennt man die Behörde.

Die nächste Begründung schlägt dem Fass aber den Boden aus: Hätte man im Familienverfahren 2003 schon gewusst, dass Herr NTONGO straffällig würde, hätte man ihm nie internationalen Schutz zuerkannt und daher sei ihm sein Asylstatus abzuerkennen.

Auch das stimmt natürlich nicht. Herr NTONGO hat ein Recht auf diesen Asylstatus, er hat ein Recht auf ein Leben in Würde und ohne ständige Polizei- und Behördenschikanen. Er hat ein Recht auf Selbstbestimmung und wir unterstützen ihn dabei, dieses Recht durchzusetzen.

“Ich denke, dass es einen großen Unterschied gemacht hat, ob mich Asyl in Not vertritt, weil ihr mit Überzeugung auftretet. Ihr habt Druck gemacht, wo andere längst aufgegeben hätten.”

Unserer Beschwerde ist schnell und ohne eine Verhandlung anzuberaumen vom Bundesverwaltungsgericht stattgegeben worden. Die Aberkennung war rechtswidrig, die Argumentation dafür jenseitig und unser Vorbringen detailliert und substantiiert. 

Gerade rechtzeitig vor der bevorstehenden Haftüberprüfung kam das Erkenntnis, dass Herr NTONGO weiterhin asylberechtigt ist. 
Das Ziel des BFA, unserem Klienten das Leben schwer zu machen und im schlimmsten Fall zu erwirken, dass seine Unterbringung im Maßnahmenvollzug wieder verlängert wird, haben wir zunichte gemacht. 

Herr NTONGO ist mittlerweile wieder frei. Die Haftüberprüfung hat ergeben, dass die Maßnahme sofort zu beenden ist. 

Der Fall NTONGO hat gezeigt, dass unser entschlossenes und organisiertes Handeln notwendig ist, im Kampf gegen die Schikanen im Asylwesen, im Maßnahmenvollzug und im Alltag. Die Schikanen dieses zutiefst verwahrlosten Beamtenapparats in ganz Österreich machen vor keiner*m Halt – nicht vor Asylberechtigten, nicht vor Menschen mit einer psychischen Erkrankung, nicht vor Arbeitslosen und auch nicht vor Alleinerzieher*innen.  

Ein Angriff auf Eine*n ist ein Angriff auf uns alle –  Nur gemeinsam sind wir stark.

*Der Name unseres Klienten wurde von der Redaktion verändert.

Kübra Atasoy,
Vorsitzende Asyl in Not
21.12.2021

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