Ist ja selten genug. Umso mehr muß man es feiern. Eine kurdische Familie aus Syrien (Eltern und fünf Kinder), aus der heiß umkämpften Stadt Kobane, hat dank unserer rechtlichen Beratung und Vertretung Asyl erhalten. Wir berichteten über ihr Schicksal erstmals im Oktober 2015:

http://www.asyl-in-not.org/php/unsere_rechtsberatung__wichtiger_denn_je,20880,38673.html

Sie waren am Beginn der Belagerung 2014 aus Kobane in die Türkei geflüchtet und hatten dort einige Monate lang in einem Flüchtlingslager abgewartet. Als die kurdischen Streitkräfte Kobane zurückerobert und die IS-Terroristen vertrieben hatten, kehrte die Familie im Juni 2015 heim.

Wenige Tage darauf überfielen die IS-Terroristen Kobane noch einmal. Diesmal mit Uniformen der kurdischen Streitkräfte getarnt.  Die Nachbarfamilie wurde massakriert; viele andere ebenso. Jetzt hielt unsere Flüchtlingsfamilie nichts mehr in  der zerstörten Stadt.

Sie flüchteten abermals in die Türkei, dann nach Griechenland und im September mit dem großen Treck über Ungarn nach Österreich. In Ungarn wurden sie von der Polizei mißhandelt, vor allem aber wurden ihre Fingerabdrücke registriert, und das wäre ihnen beinahe zum Verhängnis geworden:

Obwohl Österreich ihnen (wie zehntausenden anderen) die formlose Einreise gestattet hatte, leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) ein Dublin-Verfahren ein. Ihnen drohte also die Ausweisung und Abschiebung nach Ungarn!

So wie ihnen ging es vielen anderen, die man im September „durchgewunken“ hatte. Für sie war die Öffnung der Grenzen eine Falle. Sie massenweise wegzuprügeln vom Grenzübergang, à la Orban, vor den Augen der Weltöffentlichkeit, hätte nicht gut ausgesehen. Also ließ man sie zunächst kollektiv durch, um sie dann individuell wieder auszuweisen…

Dieser miese Trick der damaligen Regierung schlug aber fehl. Wir vereitelten ihn durch unsere Rechtsmittel und durch unsere Veröffentlichung im Internet.

Im Falle der Familie aus Kobane übernahm ich sofort die Rechtsvertretung und brachte eine ausführliche Stellungnahme ein, in der ich darlegte, daß Ungarn nach Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Bundesverwaltungsgerichts nicht mehr als sicher angesehen werden kann, zumal Ungarn sein Nachbarland Serbien als „sicheren Drittstaat“ ansieht und Geflüchtete dorthin weiterschiebt.

Ich verwies auch auf einen Bericht des Ungarischen Helsinkikomitees, demzufolge Asylsuchende in Ungarn willkürlich in Haft genommen werden.

Das kurz zuvor verschärfte ungarische Gesetz sei (dem Bericht des Helsinkikomitees zufolge) Ausdruck einer fremdenfeindlichen Politik und solle dazu führen, dass 99 Prozent aller Asylanträge ohne inhaltliche Prüfung zurückgewiesen werden können, indem der vermeintlich sichere Drittstaat Serbien pauschal als zuständiger Staat erachtet wird.

Diese Stellungnahme brachte ich am 15. Oktober 2015 ein; dann geschah lange nichts. Das BFA erließ keinen Bescheid. Und zwar offenbar deshalb nicht, weil ich das Beschwerdeverfahren mit großer Wahrscheinlichkeit gewonnen hätte.

So verging die Überstellungsfrist von  sechs Monaten, nach deren Ablauf die Zuständigkeit nach dem Wortlaut der Dublin-Verordnung auf Österreich überging. Im Juni 2016 erhielt die (mittlerweile privat untergebrachte und von engagierten ÖsterreicherInnen unterstützte) Familie die ersehnten „weißen Karten“ zugestellt, die ihr Aufenthaltsrecht während des weiteren Verfahrens bescheinigten.

Bald darauf begleitete ich sie zur inhaltlichen Einvernahme über ihre Fluchtgründe ins BFA Wiener Neustadt. Sie war erfreulich kurz und bündig. Die Eltern bekräftigen, als Kurden in Syrien von der Terrororganisation IS verfolgt zu werden. Wenige Tage später erhielt ich die positiven Asylbescheide zugestellt.

Wir wünschen dieser Familie für ihr weiteres Leben viel Glück! Der Mann ist Automechaniker von Beruf und wird hoffentlich Arbeit finden. Ohne unser Einschreiten hätte man sie alle nach Ungarn zurückgeschoben. Sie wären eingesperrt und nach längerer Haft nach Serbien weitergeschoben worden. Und dann weiter, ins Ungewisse.

Angesichts der jüngst beschlossenen Gesetzesverschärfungen kommt der Rechtsberatung durch Asyl in Not auch in Zukunft besondere Bedeutung zu.

Michael Genner
Obmann von Asyl in Not
11. August 2016

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