Asyl in Not schlägt grundlegende Neuordnung vor.

  Ich lese die Gesetzentwürfe nicht mehr, ich kann die Diskussionen darüber nicht mehr hören. Seit 1989 berate und betreue ich Flüchtlinge im Asylverfahren. In dieser Zeit gab es vier Asylgesetze, das fünfte soll jetzt beschlossen werden; vier Innenminister habe ich politisch überlebt, Frau Prokop ist jetzt Nummer fünf…

Jedes neue Gesetz war schlechter als das vorige – ausgenommen das dritte, das von Caspar Einem entworfen, aber leider erst unter Schlögl in verschlimmerter Form beschlossen wurde. Es hat uns mit dem Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS) erstmals so etwas wie ein faires Verfahren gebracht. Aber der große Wurf war es auch nicht. In Wirklichkeit hat jedes dieser Gesetze Beschränkungen der Genfer Flüchtlingskonvention mit sich gebracht.

Aber – Hand aufs Herz: Wozu brauchen wir überhaupt ein Asylgesetz? Wir haben doch schon die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK); sie steht im Gesetzesrang und ist von jeder Behörde unmittelbar anzuwenden. Mit diesem Instrument allein hat Österreich 1956 den Flüchtlingsstrom aus Ungarn bewältigt; das erste Asylgesetz wurde nämlich erst 1968 beschlossen.

Wir haben weiters die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) im Verfassungsrang. Auch sie ist von jeder Behörde anzuwenden. Und wir haben das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG).

Das genügt doch: Anträge auf Feststellung der Flüchtlingseigenschaft sind nach dem AVG zu behandeln; Anträge auf subsidiären Schutz im Sinne der Menschenrechtskonvention oder aus anderen humanitären Gründen ebenso.

Behörden brauchen wir dann noch. Eine gibt es schon per Verfassungsgesetz: den UBAS. Er ist als Berufungsbehörde gedacht. Aber da er meist ohnedies die ganze Ermittlungsarbeit selber machen muß, weil die erstinstanzlichen Verfahren so mangelhaft sind, könnte man im Sinne der Verfahrensökonomie doch gleich den UBAS (nach gehöriger Aufstockung seines Personals) zur ersten Instanz machen und das Bundesasylamt einsparen.

Bitte mich nicht falsch zu verstehen: Ich kenne im Bundesasylamt auch brave und fleißige Beamte, die sich redlich bemühen, ihre Arbeit zu tun. Aber das Bundesasylamt als Institution, deren Aufgabe es angeblich sein sollte, Flüchtlingen Schutz zu gewähren, hat in all den Jahren seit seiner Gründung völlig versagt.

In Wirklichkeit hat dieses Amt nämlich gar nicht den Zweck, der im Namen steht. Es wurde schon von seinen Gründungsvätern, Löschnak und Matzka, als Werkzeug der Asylverhinderung konzipiert.

Das ergibt sich schon daraus, daß es dem Innenministerium untersteht. Eine künftige Reform wird vor allem dafür sorgen müssen, daß das ganze Asylwesen aus dem Sicherheitsbereich ausgegliedert wird. Dort hat es überhaupt nichts verloren.


 Raus aus dem Innenministerium!

  Vielleicht sollen wir den UBAS aber nicht überfordern. Denkbar wäre auch, das erstinstanzliche Verfahren in einem künftigen Staatssekretariat für Integration und Einwanderung anzusiedeln. Jedenfalls außerhalb des Innenministeriums!

Dieses neue Amt müsste, wie der UBAS, öffentlich verhandeln. Zweitinstanz bliebe der UBAS, Beschwerdeinstanz wie bisher der Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof.

Diese Behörden hätten die Verfahren nach dem AVG zu führen – allenfalls unterstützt durch ein schlankes, auf wenige Paragraphen reduziertes Asylgesetz.

Sie hätten Asyl zu gewähren aus den Gründen der GFK, aber auch im Sinne der EMRK sowie aus humanitären Gründen. Die GFK ist nämlich keine Höchst-, sondern eine Mindestnorm.

Asyl aus allen diesen Gründen müsste die gleichen Rechtsansprüche (Recht auf Arbeit, unbefristeter Aufenthalt, Reisedokument, rasche Einbürgerung) nach sich ziehen.

Völlig abgeschafft würden die Drittland- und Dublinverfahren. Sie stellen eine willkürliche, sachlich unbegründete Einschränkung der Genfer Flüchtlingskonvention dar. Außerdem kosten sie Unsummen Geld, sodaß ihre Streichung auch ganz im Sinne der Steuerzahler ist.

Eine solche Reform wird freilich erst nach Abschaffung der Regierung Schüssel möglich sein. Aber vielleicht schafft diese Regierung sich ohnedies bald selber ab. Dann wird der Weg frei sein für die Wiederherstellung des Asylrechts und der Menschenrechte in diesem Land.

Michael Genner
Asyl in Not

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