Asylrichter Josef Rohrböck ist am 14. Februar 2009 gestorben. Er war ein Pionier des Asylrechts, einer der ganz Großen in diesem Bereich. Einer, der unbeugsam für Gerechtigkeit und Menschlichkeit eingetreten ist.

Ich habe eine Weile gewartet, ob vielleicht der Asylgerichtshof einen Nachruf auf einen seiner Gründer veröffentlicht. Bis heute ist aber auf der Homepage http://www.asylgh.gv.at/ nichts dergleichen zu sehen. Kann das ein Zufall sein?

Überhaupt hat sich das offizielle Österreich, das sonst so viele Tränen vergießt, wenn AmtsträgerInnen (auch solche übelster Art) aus dem Leben scheiden, über Rohrböcks Tod in Schweigen gehüllt. So tief gesunken ist die politische Kultur in diesem Land.

Josef Rohrböck war Leuten mancher Sorte stets ein Dorn im Auge. So scheiterte er Anfang der Neunzigerjahre mit dem Versuch, die Asyl-Fachabteilung des Innenministeriums zu einer seriösen Berufungsbehörde zu machen. Weil er rechtswidrige Bescheide behob, zog er sich die Ungnade des damaligen Innenministers Löschnak und seines furchtbaren Juristen, des Sektionschefs Manfred Matzka, zu und wurde strafversetzt.

1998 war Rohrböck Gründungsmitglied des Unabhängigen Bundesasylsenats (UBAS), dessen Judikatur er maßgeblich prägte. Nicht zuletzt durch ihn wurde der UBAS (oder sagen wir besser: ein Teil davon…) erstmals zu einer echten Berufungsinstanz.

Rohrböck war unter anderem für Asylwerber aus Afghanistan und aus der Türkei zuständig und hat (im Zusammenwirken mit einigen anderen hervorragenden Senatsmitgliedern sowie international renommierten Sachverständigen) bahnbrechende Entscheidungen herbeigeführt:

So etwa daß afghanische Frauen Asyl erhalten, wenn sie nicht bereit sind, sich den islamischen Moralbegriffen zu beugen. Aber auch viele lang anhängende, von Asylamt und Innenministerium verpfuschte Türkeiverfahren wurden unter seiner Ägide zu einem rechtsstaatlichen Abschluß gebracht.

Auch als Rechtswissenschafter hat Rohrböck Großes geleistet. Seine Veröffentlichungen sind Standardwerke und unentbehrliches Rüstzeug für jeden, der sich ernsthaft mit Asylsachen beschäftigen will.

Als im Vorjahr der UBAS zum Asylgerichtshof wurde, wollte man Rohrböck gerne los werden. Auch damals hatte Matzka seine Hand im Spiel. Man verbreitete, Rohrböck habe „nicht genug Erledigungen“ gebracht… Trotz schwerer Krankheit (Dialyse, Herzinfarkte) hatte er all die Jahre unermüdlich seine Arbeit im UBAS fortgesetzt. Seine Krankheit nutzten seine Gegner nun schamlos aus.

Durch Proteste der NGOs gelang es trotzdem, seine Übernahme in den Asylgerichtshof zu erzwingen. Aber dort entzog man ihm durch eine neue Geschäftsverteilung seine zentralen Aufgabenbereiche Türkei und Afghanistan. Einigen hervorragenden RichterInnen aus seiner Schule erging es ebenso.

Rohrböck wurde auf die Herkunftsländer Bulgarien (!), von wo sich bekanntlich Flüchtlingsströme nach Österreich ergießen, und Kosovo reduziert. Unterdessen verschlechterte sich die Rechtsprechung für Flüchtlinge aus der Türkei, aus Afghanistan, ja sogar aus Tschetschenien dramatisch.

Das liegt vor allem daran, daß der Instanzenzug zum Verwaltungsgerichtshof weggefallen ist. Verfahrensmängel, die der Verwaltungsgerichtshof nie hätte durchgehen lassen, können jetzt nicht mehr angefochten werden. Das wirkt sich massiv aus:

Wer schon zu UBAS-Zeiten geneigt war, Grundregeln des fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens zu missachten, aber auch nicht unbedingt zu viele Behebungen durch den Verwaltungsgerichtshof riskieren wollte,  wittert jetzt Morgenluft. Überdies wurde die Türkeiabteilung zur Gänze in die Außenstelle Linz verlegt, mit der wir uns noch beschäftigen werden. Aber alles zu seiner Zeit.

Der Verfall der Judikatur liegt ebenso daran, daß Richter wie Rohrböck, deren Treue zur Genfer Flüchtlingskonvention ungebrochen blieb, an den Rand gedrängt wurden. Mitansehen zu müssen, was aus seinem UBAS wurde, und nichts dagegen tun zu können, hat Rohrböck wohl sehr weh getan.

Wir verkennen nicht, daß im Asylgerichtshof auch einige hervorragende neue RichterInnen sind. Der Gesamteindruck, den wir vom Asylgerichtshof gewonnen haben, bessert sich dadurch aber nur zum Teil.

Wir trauern um Josef Rohrböck. Er hinterläßt eine tiefe Lücke. Wir werden ihn nicht vergessen.

Michael Genner,

Obmann von Asyl in Not

www.asyl-in-not.org

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Kontonummer 5.943.139, Asyl in Not

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