Fallberichte
von Mag. Judith Ruderstaller und Michael Genner,
Teil 1

Die oft unerträglich lange Dauer vieler Asylverfahren ist schon oft kritisiert worden. Meist gibt man der Berufungsinstanz die Schuld oder gar den Flüchtlingen selber, die von ihren Rechtsvertretern angeblich dazu verleitet werden, mutwillig neue Anträge zu stellen.

Die Wirklichkeit sieht anders aus: Schuld ist das Bundesasylamt, und zwar entweder durch absolut schleißige Ermittlungen, sodaß der Asylgerichtshof wieder ganz von vorne anfangen muß; oder aber genau umgekehrt: durch monatelanges Liegenlassen, in der offenkundigen Freude daran, den Flüchtling dunsten zu lassen.

Unser Freund S. aus Tschetschenien ist seit mehr als zwei Jahren in Österreich. Er hat mit unserer Hilfe ein unerträglich langes Dublinverfahren hinter sich gebracht: Trotz seiner hochgradigen Traumatisierung (er ist Folteropfer) musste er ein Pingpong-Spiel zwischen Asylamt und (damals noch) UBAS erdulden. Aus der Schubhaft bekamen wir ihn Ende 2007 erst heraus, als ein Psychiater Haftunfähigkeit diagnostizierte.

Nach Behebung des ersten Dublin-Bescheids hatte der Referent des Asylamtes Wien, Mag. Macek, einen rechtswidrigen Beharrungsbescheid erlassen, den der UBAS abermals behob. S. wurde zum inhaltlichen Verfahren zugelassen. Nach langem Warten folgte im September (!) 2008 die Einvernahme zu den Fluchtgründen. Wieder bei Mag. Macek

Wir wissen nicht warum, wollen auch nichts unterstellen; aber sieben Tage nach dieser Einvernahme war in Tschetschenien eine Hausdurchsuchung bei der Mutter von S.; sie wurde gefragt, wo er denn sei – mit dem zynischen Hinweis, man wisse es ja ohnedies…

Der Einvernahme folgte im Oktober 2008 eine psychiatrische Untersuchung auf Kosten des Steuerzahlers – angeordnet von Macek, obwohl S.’ Probleme ohnedies evident sind und er sich seit seiner Ankunft in Österreich in ständiger Psychotherapie befindet. Irgendwelche neuen Erkenntnisse kamen dabei nicht hervor.

Dann vergingen viele Monate ohne irgendeine behördliche Aktivität…

S.’ Brüder sind in Tschetschenien inhaftiert, wurden schwer misshandelt, S. war monatelang ohne Nachricht über ihr Schicksal. Schon dadurch, ebenso wie durch das lange Warten, war er völlig zermürbt; hinzu kam, daß sein in Österreich asylberechtigter Cousin, der für ihn auch wie ein Bruder war, bei einem schrecklichen Autounfall ums Leben kam.

Es ging S. immer schlechter. Wegen Suizidgefahr und auf dringenden Rat seines Psychotherapeuten brachten wir ihn zur psychiatrischen Behandlung auf die Baumgartner Höhe. Da noch immer kein Ende des Macek-Verfahrens in Sicht war und S.’ Zustand immer schlimmer wurde, entschlossen wir uns im Mai 2009 zu einem Devolutionsantrag.

Das bedeutet, dass der Fall ohne erstinstanzlichen Bescheid an den Asylgerichtshof geht. Möglich ist das laut Gesetz, wenn die Erstinstanz länger als sechs Monate zu ihrer Entscheidung braucht; im Fall S. dauerte das Verfahren schon weit mehr als ein Jahr!

Wir machen das aber normalerweise nicht, weil es eine zusätzliche Belastung der (ohnedies überlasteten) Beschwerdeinstanz mit sich bringt. Aber in diesem Fall war die Situation völlig untragbar geworden.

Beim Asylgerichthof wurde sofort erkannt, dass eine weitere Verzögerung des Verfahrens sich auf die Psyche von S. noch nachteiliger auswirken würde, und so dürfen wir nach telefonischer Auskunft im Spätsommer mit einer Verhandlung rechnen.

Rechtliche Schritte gegen Herrn Macek behalten wir uns vor.

Fortsetzung folgt!

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