Noch wenige Tage bis zur Wahl. Erstmals gibt es die Chance auf eine rot-grüne Mehrheit. Aber beide Parteien haben Fehler gemacht. Beide waren ohne Schwung, beide haben es versäumt, eine Stimmung zu schaffen, die den Wunsch vieler Menschen in diesem Land nach einem Neubeginn ausdrückt. Erst Gusenbauers Kanzlerduell hat vielleicht das Blatt gewendet. Der Ausgang bleibt dennoch ungewiß.

Asyl in Not als unabhängige, nichtstaatliche Organisation gibt keine Wahlempfehlung für eine bestimmte Partei. Aber wir lassen keinen Zweifel daran, wo wir stehen.

Wer demokratische Reformen will, kann rot oder grün wählen. Rot – natürlich nur mit Vorbehalt, denn wir erinnern uns nur zu genau an die rassistische Politik, für die ein Teil der SPÖ in früheren Regierungen die Verantwortung trug. Aber wir wollen Gusenbauer glauben, daß er es ehrlich meint mit dem Umbau seiner Partei. Und wir wollen ihm auch den Rücken stärken.

Wer für die Gleichheit aller Menschen in diesem Land eintritt, sollte seine Vorzugsstimme denjenigen grünen oder roten KandidatInnen geben, die aus den Reihen der MigrantInnen kommen.

Ich nenne hier nur einige, mit denen ich seit Jahren zusammenarbeite:

Alev Korun kandidiert bei den Grünen an einer Stelle, die ihren Einzug in den Nationalrat möglich machen kann. Die Wahl einer jungen, dynamischen und eindeutig nicht-religiösen Frau aus einem islamischen Land wäre ein wichtiges politisches Signal – für Österreich und auch für die Türkei.

Mein alter Freund Haydar Sari, den ich vor zwanzig Jahren als tapferen jungen Aktivisten einer türkischen Widerstandsgruppe kennen lernte, kandidiert auf der Liste der SPÖ. An unwählbarer Stelle.

Aber er braucht nur 20.000 Vorzugsstimmen, um ins Parlament zu kommen. In den vergangenen Wochen ist eine Bewegung entstanden, die seine Kandidatur unterstützt: türkische Gruppen und Vereine, aber auch der afghanische Kulturverein und Persönlichkeiten der afrikanischen Gemeinschaft gehören dieser Strömung an. 20.000 Stimmen… Das sollte zu schaffen sein!

Sintayehu Tsehay aus Äthiopien kandidiert ebenfalls auf der Liste der SPÖ. Auch er auf einem aussichtslosen Platz. Die wenigen eingebürgerten Schwarzen reichen nicht aus, um ihn ins Parlament zu bringen. Er braucht “weiße” Vorzugsstimmen. Jede Stimme für ihn ist ein Signal gegen den Rassismus, der sich in diesem Land besonders gegen die schwarzen MitbürgerInnen richtet.

Das sind drei Kandidaten, die ich empfehlen kann. Und, wie gesagt: Auch wer als “Inländer” zur Welt gekommen ist, sollte mit seiner Stimme dafür sorgen, daß das Parlament ein bisschen “farbiger” wird.

Aber hüten wir uns vor Etikettenschwindel! Auf der Liste der SPÖ kandidiert eine Frau Matzka. Sie tritt als Kandidatin aus den Reihen der MigrantInnen an. Sie ist die Gattin jenes Mannes, der als Sektionschef im Innenministerium jahrelang für ungeheuerliche Verletzungen der Menschenrechte die Verantwortung trug.

Herr Matzka versucht nun wieder, nachdem er jahrelang verachtet und ausgegrenzt war, mit ihrer Hilfe, hinter ihren Rockschößen, salonfähig zu werden. Sie würde uns im Weg stehen, wenn wir von einer künftigen Reformregierung verlangen, Wiedergutmachung zu leisten für all das, was unter Löschnak, Schlögl und Matzka geschah. Wenn wir fordern, daß die Schuldigen vor Gericht kommen. Sie wäre da wohl befangen.

Darum darf es für Frau Matzka keine Stimme geben. Jede Stimme für sie wäre für die Opfer ihres Mannes ein Schlag ins Gesicht.

Mit unseren Stimmen wollen wir zeigen, daß wir, die NGOs, wir, die Zivilgesellschaft, es nicht den Parteien überlassen, darüber zu entscheiden, wer ins Parlament kommen soll und wer nicht.

Noch vier Tage bis zur Wahl… Es muß anders werden.
Es kommt auf jede Stimme an.

Michael Genner,
Asyl in Not

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