Ein Sieg der gerechten Sache
Tülay Tuncel ist eine Vertreterin der jungen Generation austrokurdischer Frauen. Zur Welt gekommen im türkisch beherrschten Teil von Kurdistan, kam sie als Kind nach Österreich, das ihre Heimat wurde.
Tülay kämpft kompromißlos für die Menschenrechte und hat gemeinsam mit Asyl in Not und anderen NGOs die Demonstration am 1. Mai 2009 zum Gedenken an Marcus Omofuma (“Mord verjährt nicht“) organisiert.
Damals war sie Vorstandsassistentin der Wiener Integrationskonferenz (WIK); und zwar ehrenamtlich, da die Stadt Wien ihre bezahlte Funktion nicht mehr finanzierte. Ursache für die Streichung der Subvention war eine Intrige, die nun ein gerichtliches Nachspiel fand.
Schon als Tülay sich um diese Stelle bewarb, intervenierte gegen sie ein Herr Sami Akpinar, Funktionär eines türkischen Vereins in Wien, beim Vorsitzenden der Integrationskonferenz, Damien Agbogbe.
Diesen Akpinar hat Tülay nun wegen Verleumdung geklagt und in erster Instanz auf der ganzen Linie gesiegt.
Beim Prozeß im Landesgericht für Zivilrechtssachen am 26. Mai 2011 sagte Damien Agbogbe aus, Akpinar habe ihm gegenüber allen Ernstes behauptet, Tülay sei Mitglied einer „terroristischen Organisation“, der PKK. Daher dürfe sie nicht angestellt werden!
Tülay, die schon früher integrationspolitische Funktionen erfolgreich ausgeübt hatte (so als stellvertretende Vorsitzende des Ausländer-Integrationsbeirates der Stadt Linz und als Integrationssprecherin der Jungen Generation in der SPÖ), war aber die bestqualifizierte Kandidatin.
Sie bekam daher den Job. Damien Agbogbe beugte sich nicht dem von Herrn Akpinar ausgeübten Druck. Damit begann ein erbitterter Fraktionskampf, der zur Spaltung der Wiener Integrationskonferenz führen sollte.
Es fanden Vorstandswahlen statt, bei denen Sami Akpinar mit einer eigenen Liste gegen die (aus demokratisch gesinnten NGOs verschiedenster ethnischer Herkunft zusammengesetzte) Liste von Damien Agbogbe antrat.
Akpinar, der wörtlich für eine „Säuberung“ der Wiener Integrationskonferenz eintrat, verlor diese Wahl; Damien Abgogbe blieb Vorsitzender.
Akpinar zeigte sich jedoch als schlechter Verlierer: Er weigerte sich, die Gültigkeit dieser Wahl anzuerkennen, beschuldigte die siegreiche Liste des Wahlbetrugs und trat mit zahlreichen (überwiegend türkisch-nationalen und/oder islamistischen) Vereinen aus der Integrationskonferenz aus.
Es versteht sich von selbst, daß Herr Akpinar keinerlei Beweise für Unregelmäßigkeiten bei dieser Wahl vorlegen konnte.
Aber der verbleibende Rest der Integrationskonferenz war durch die Spaltung sehr geschwächt; die Gemeinde Wien als Fördergeber behauptete, die WIK sei nicht mehr repräsentativ, und strich die Subvention.
Tülay fand einen anderen Job: Sie arbeitete als Trainerin in einem Integrationsprojekt der Wiener Wirtschaftskammer. Doch auch hier widerfuhr ihr der nämliche Sami Akpinar, mittlerweile ethnischer Beauftragter der Wirtschaftskammer Wien. Dieser setzte sich massiv für ihre Entlassung ein.
Das Projekt, in dem Tülay arbeitete, wurde gestrichen. Medienberichten zufolge hatte auch die türkische Botschaft in Wien auf die Wirtschaftskammer Druck ausgeübt („Die Presse“, 2.9.2011, „News“, 2.9.2011).
Diesmal klagte Tülay. Beim Prozeß am 26. Mai 2011 sagte die seinerzeitige Projektleiterin der Wirtschaftskammer aus, Akpinar habe bei ihr gegen Tülay interveniert, und zwar mit derselben Begründung wie seinerzeit in der WIK: Tülay sei Mitglied der PKK, einer „terroristischen Organisation“!
Akpinar aber vollzog eine überraschende Kehrtwende und behauptete, er habe das nie gesagt! Niemals habe er Tülay der Mitgliedschaft in der PKK oder sonst einer „terroristischen Organisation“ beschuldigt…
Was die von ihm geplante „Säuberung“ betrifft, so habe er nicht Tülay persönlich gemeint, sondern – einfach die Wiener Integrationskonferenz!
Damit erweckte Akpinar im Publikum von ihm eher ungewollte Heiterkeit, sodaß die Richterin ihm riet, lieber still zu sein und seinen Anwalt sprechen zu lassen.
Ich war als Beobachter bei diesem Prozeß und gewann denselben Eindruck, den offenbar auch die Richterin hatte:
Sami Akpinar, der die inkriminierten Äußerungen beharrlich leugnete, konnte die übereinstimmenden, glaubhaften Aussagen der beiden Zeugen nicht entkräften. Somit hat er selber vor Gericht die Unwahrheit gesagt.
Jetzt ist das Urteil ergangen: Sami Akpinar wurde wegen Verleumdung verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es gilt die Unschuldsvermutung…
Die politischen Konsequenzen werden aber schon jetzt zu ziehen sein.
Sami Akpinar hat die Wiener Integrationskonferenz gespalten, sodaß sie um ihre Förderung kam; er hat Tülay Tuncel zweimal um Arbeitsplätze gebracht. Es ist genug!
Samir Akpinar muß aus allen Vereinen und Institutionen hinaus, wo er vorgeben kann, er verträte die Rechte und Interessen von Eingewanderten. Dafür setzt Asyl in Not sich ein.
Wir empfehlen daher unseren türkischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, sich von diesem Herrn klar und deutlich abzugrenzen. Sie haben einen solchen Repräsentanten nicht verdient.
Tülay Tuncel ist beim Prozeß souverän aufgetreten, hat einmal mehr ihre fachliche und politische Kompetenz bewiesen und sich für höhere Aufgaben qualifiziert.
Bei der Pressekonferenz zur Vorbereitung der Demonstration gegen das Unrechtspaket im April 2011 habe ich sie als Integrationsministerin einer künftigen Reformregierung vorgeschlagen. Aber so lange wollen wir nicht warten: Auch bis dahin sollte sie in der Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle spielen…
Michael Genner
Obmann von Asyl in Not
Spendenkonto:
Raiffeisen (BLZ 32000),
Kontonummer 5.943.139, Asyl in Not