Ein langes Verfahren erfolgreich abgeschlossen.

Frau Malika flüchtete im März 2004 aus Tschetschenien nach Österreich. Ihr Mann hatte einem prominenten Widerstandskämpfer als Leibwächter gedient, wurde mehrmals festgenommen – man wollte erfahren, wo sein Chef sich verborgen hielt; aber er verriet ihn nicht.

Aus Sorge um seine Familie schickte er zunächst seine Frau und die kleineren Kinder nach Österreich; für mehr reichte das Geld nicht. Er selbst und die beiden größeren Söhne wollten später nachkommen.

Eines der mit Malika geflüchteten kleinen Kinder, Rustam, ist behindert. Er hatte in der Heimat einen Bombenangriff überlebt und durch den Schock einen (zunächst völligen) Sprachverlust erlitten, der erst in Österreich behandelt wurde; er ist aber weiterhin schwer verhaltensgestört.

Malika wurde im Asylamt Eisenstadt befragt. Sie erwähnte die Dienste ihres Mannes für den tschetschenischen Rebellen ebenso wie seine Verhaftungen, jedoch nur knapp, denn sie dachte, ihr Mann würde kommen und es genauer erzählen. Das Asylamt wies ihren Antrag ab.

Aber ihr Mann kam nicht. Seine letzte Verhaftung 2005 war endgültig; seither hat man nichts von ihm gehört. Auch die beiden größeren Söhne wurden nun von einem Onkel außer Landes gebracht.

Der Asylgerichtshof behob den Eisenstädter Bescheid: Das Asylamt sei auf den psychischen Zustand des kleinen Rustam nur „kurz und verharmlosend“ eingegangen (er habe „Angst vor Gewitter oder Uniformierten“); auch sei die neue Lage (Verhaftung des Vaters) zu prüfen.

Das Asylamt schickte Rustam daraufhin zu Dr. Anderle… Unseren LeserInnen ist sie wohlbekannt: ihre Befunde stehen meist in Widerspruch zu denen namhafter Experten für die Behandlung und Betreuung von Folteropfern. Mittlerweile haben wir sie zweimal erfolgreich abgelehnt.

Dr. Anderle untersuchte Rustam und stellte „kein krankheitswertiges Zustandsbild fest“. Hingegen bescheinigte ein Psychotherapeut, der das Kind seit zwei Jahren behandelte, daß Sultan „eine Sonderschule besucht, sehr große Probleme beim Erlernen des Lesens hat und beim Rechnen die Finger benützen muß“. Anderles Befund sei „absolut falsch“.

Malika und ihre Söhne wurden in Eisenstadt neuerlich befragt; ich begleitete sie. Wie nicht anders zu erwarten, wurde es auch diesmal wieder negativ. Die Beamtin warf Malika vor, sie habe eine Festnahme ihres Mannes diesmal auf Sommer 2003 datiert, bei der ersten Befragung aber auf Sommer 2004.

Aber Malika war ja schon seit März 2004 in Österreich, ihre erste Befragung war am 2. Juni 2004, also noch vor dem Sommer; dieser begann auch 2004, wie alljährlich, erst am 21. Juni. Offenbar hatte sich die Beamtin vertippt. Aber daraus wurde Malika ein Strick gedreht!

Gleichermaßen absurd: Malika hatte die erste Festnahme einmal auf „Frühjahr 2002“, das andere Mal auf „März 2002“ datiert. Auch das nach Ansicht des Asylamtes ein „Widerspruch“. Weil der März nicht zum Frühling gehört… Dem Asylamt ging es offenbar nur darum, die Asylanträge um jeden Preis abzuweisen.

Ich begleitete Malika und ihre beiden – nun erwachsenen, fließend deutsch sprechenden – älteren Söhne zur Verhandlung im Asylgerichtshof (Kammerpräsident Wilfried Stracker, Richter Stephan Kanhäuser).

In einer ruhigen und angenehmen Verhandlungsatmosphäre (warum kann es nicht immer so sein?) klärte Malika alle noch offenen Fragen auf. Mit Erkenntnissen vom 4.8.2010 (D1 251629-2/2009/7E ff.) erhielt die ganze Familie Asyl. Sechs Jahre nach Malikas Flucht! Wir wünschen ihnen allen für die Zukunft viel Glück.

Michael Genner, Asyl in Not

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