Schubhaft: ein rassistisches Verbrechen



Menschen werden abgeführt. Vor den Augen ihrer Angehörigen, in Handschellen, ins Gefängnis. Menschen, die nichts verbrochen haben. Außer daß sie „Fremde“ sind. Und: daß sie unvernünftig genug waren, Schutz zu suchen in diesem gastfreundlichen Land. Schubhaft – das ist Haft ohne Urteil, ohne Delikt.

So etwas gibt es nur für Fremde. Kein Inländer darf eingesperrt werden ohne Delikt und ohne Urteil – nur zur „Sicherung“ einer Verwaltungsmaßnahme, wie es die Abschiebung ist. Schubhaft unterscheidet zwischen „Staatsbürgern“ und „Fremden“:

Nur den „eigenen Leuten“, Menschen „unserer eigenenAbstammung und Nation, gesteht sie das Grundrecht auf persönliche Freiheit, auf Achtung des Privat– und Familienlebens, das Recht, nicht gefoltert und nicht unmenschlich behandelt zu werden, und nicht zuletzt: das Recht auf Arbeit zu.

Schubhaft unterscheidet also nach „rassischen“ Kriterien: Abstammung und Nation.

Schubhaft ist daher ein rassistisches Verbrechen, das in einer demokratischen Republik nicht geduldet werden kann.

Daher haben wir auch kein Verständnis dafür, wenn Caritas-Präsident Küberl lediglich eine „Reduktion“ der Schubhaft (und auch das nur im Asylverfahren) anstrebt und sich eine „schubhaftfreie“ Gesellschaft nicht vorstellen kann.

Auch die strikte Trennung zwischen „Flüchtlingen“ und „Einwanderern“ (welch letztere laut Caritas nur auf „Wunsch des Staates“ kommen dürfen sollen) lehnen wir ab. Zwar beschränkt sich unsere Rechtsberatung aus Gründen unserer beschränkten Zeit auf erstere. Aber politisch treten wir für offene Grenzen ein.

Wir erlauben uns nämlich, Visionen zu haben. Auch Freizügigkeit ist für uns ein Menschenrecht. Daß sie heute zum Teil verwirklicht ist, nämlich innerhalb der Europäischen Union, war vor einigen Jahrzehnten auch noch völlig undenkbar.

Aber zurück zur rauen Wirklichkeit. Schubhaft wird exzessiv verhängt. Seit Jänner 2006 gnadenloser denn je. Unzählige Menschen vegetieren in Österreichs Gefängnissen, oft monatelang, oftmals ohne jeden Kontakt zur Außenwelt, in verdreckten Zellen, der Willkür sadistischer Wächter ausgeliefert.

Viele von ihnen wurden schon in ihrer Heimat verfolgt, wurden gefoltert, sind schwerst traumatisiert. Hier in Österreich erleben sie den Horror, unschuldig im Gefängnis zu sitzen, noch einmal.

Diese Unglücklichen sind Opfer jenes Gesetzes, das – von breiter Mehrheit beschlossen – am 1. Jänner 2006 in Kraft getreten ist und als „Prokopgesetz“ in die Geschichte eingehen wird. Traumatisierte einzusperren, ist Folter im Sinne der Menschenrechtskonvention. Die verstorbene Prokop und – wie heißt der jetzige? – waren und sind verantwortlich dafür.

Frohe Ostern allen Leserinnen und Lesern!

Michael Genner

Obmann von Asyl in Not

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Tel.: 408 42 10-15, 0676 – 63 64 371

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