RECHTSBERATUNG
Hilfe, wir bleiben über!
Vorige Woche war ich auf dem „Asylforum“, einem gesamtösterreichischen NGO-Treffen; es stand ganz im Zeichen der Gesetzesverschärfung, die am 1.1.2010 in Kraft tritt, und der Subventionsstreichung für die großen Organisationen.
Asyl in Not hat ja zum Glück schon längst keine Förderungen mehr zu verlieren. Indirekt sind wir aber trotzdem betroffen. Eine (im übrigen sehr nette) Kollegin von der Volkshilfe hat mich gleich mit den Worten begrüßt: „Weißt eh, ich schick’ jetzt alle Leute zu euch, denn wir haben ja keine Rechtsberatung mehr“…
Weniger vermissen werden wir die Caritas, die schon bisher trotz hoher Subventionen unser Wartezimmer mit Weggeschickten füllte, deren „Fälle“ sie für aussichtslos hielt; schlimmer kann es von dieser Seite kaum werden.
Unvergessen bleiben mir fünf Menschen, die in Eisenstadt wochenlang in Schubhaft saßen, unter Caritasbetreuung, ohne Schubhaftbeschwerde, bis ich zufällig von ihnen hörte und Haftbeschwerden schrieb; danach waren sie in wenigen Tagen frei. Aber das nur am Rande.
Dramatisch hingegen ist die Totalstreichung der Subvention für die Diakonie in Traiskirchen (fünf Arbeitsplätze). Die KollegInnen dort machten bisher mit großem Engagement das Gleiche wie wir, nämlich vor allem Beratung tschetschenischer Flüchtlinge, insbesondere „Dublin-Verfahren“.
Wenn sie zusperren (oder auch nur abbauen), werden ihre KlientInnen zu uns wollen. Genau das werden sie aber wegen der Gebietsbeschränkung nicht können: sie dürfen ab 1.1. im gesamten Zulassungsverfahren den Bezirk Baden nicht verlassen, widrigenfalls werden sie eingesperrt.
Wie genau das zugehen wird, wissen wir noch nicht; wahrscheinlich fängt die Polizei die Leute dann aus der Badnerbahn heraus. Die Beschwerdefrist im Dublinverfahren wird von zwei auf eine Woche verkürzt. In so kurzer Zeit werden die Leute nur schwer jemanden finden, der für sie ein Rechtsmittel ergreift.
Die geförderte Rechtsberatung in Traiskirchen hat das Innenministerium dem Ecker-Verein geschenkt. Dieser Verein der Polizeifreunde hat jetzt quasi ein Staatsmonopol auf Subventionen; wie die Beratung aussehen wird, können wir uns denken.
Mir liegt jetzt schon ein Fall vor, wo ein tschetschenischer Flüchtling ein Formular dieses Vereins unterschrieben und angekreuzt hat: „Hilfe und Beratung – JA, ich möchte mit einem Mitarbeiter des Vereins Menschenrechte Österreich sprechen“; bald darauf unterschrieb er einen Rechtsmittelverzicht. Er wurde abgeschoben. In die Slowakei, wo die Anerkennungsrate Null Prozent beträgt…
Ein großer Teil der Flüchtlinge wird sehr rasch in der Schubhaft verschwinden. Die Traiskirchner Fremdenpolizei wird das neue Gesetz als Freibrief auffassen. Sie übt jetzt schon fleißig: Vor zwei Wochen kamen wir zufällig drauf, daß sie fünf afghanische Flüchtlinge – nach heutigem Gesetz völlig rechtswidrig! – bei der Asylantragstellung in Traiskirchen verhaftet hat.
Unseren Schubhaftbeschwerden gab der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) Wiener Neustadt offenkundig zähneknirschend und nur unter dem Druck der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs statt. Ab 1. Jänner wird das wohl nicht mehr so sein.
Wir werden dann wieder, wie zu Prokops Zeit, flächendeckend Schubhaftbeschwerden schreiben, die wir leider, wie damals, in erster Instanz beim UVS verlieren und erst Monate später (so hoffen wir) beim Verwaltungsgerichtshof gewinnen werden.
Ich habe daher auf dem „Asylforum“ angekündigt, daß Asyl in Not daran denkt, einen Beratungstag pro Woche in Traiskirchen durchzuführen. Die (wie wir vom Staat völlig unabhängige) Deserteurs- und Flüchtlingsberatung hat das Gleiche vor.
Die Diakonie wird, wie wir hören, das Büro in Traiskirchen nicht zusperren, aber vermutlich Personal abbauen. Ihr Büro wird daher, so hoffen wir, auch uns und der Deserteursberatung zur Verfügung stehen. Wenn nicht, stellen wir uns mit Klapptisch, Laptop und Kohlenöferl vor das Lagertor.
Diese neuen Herausforderungen bedeuten viel mehr Arbeit für unser kleines, ohnedies völlig überlastetes Team. Daher müssen wir aufstocken. Wir nehmen weiterhin PraktikantInnen auf (vorzugsweise JusstudentInnen, aber auch aus anderen Fachbereichen). Wir suchen für nächstes Jahr (ab Februar) einen Zivildiener mit abgeschlossenem Studium.
Wir wollen aber auch, wenn das Geld nur irgendwie reicht, zusätzliche RechtsberaterInnen anstellen – auf Teilzeit oder wenigstens geringfügig beschäftigt.
Dafür, liebe Leserinnen und Leser, appellieren wir, wie so oft, an Ihre Hilfe.
Unser Spendenkonto: Raiffeisen (BLZ 32000),
Kontonummer 5.943.139, Asyl in Not.
Und bitte, nicht vergessen:
KUNSTASYL – die Kunstauktion für Asyl in Not!
Donnerstag, 3. Dezember 2009, ab 19 Uhr
Theater Nestroyhof Hamakom
1020 Wien, Nestroyplatz 1
Kommen Sie, steigern Sie mit, kaufen Sie!
Der Erlös dient zur Gänze unserer Arbeit im nächsten Jahr.
Michael Genner, Obmann von Asyl in Not
www.asyl-in-not.org Tel. 0676 – 63 64 371