Rassismus in der Polizei
Nicht der Täter, das Opfer ist schuld
Mike Brennan hat also „seinen Körper verspannt“ und eine „Ausweichreaktion gezeigt“. Er „war im Ansatz begriffen, sich wegzuducken“… Das hat er nicht dürfen, das erlaubt die Polizei nicht, das kann böse enden. Seine Verletzungen hat er sich selber zuzuschreiben. Von einer Mißhandlung kann keine Rede sein…
All diesen Unsinn müssen wir uns anhören von der Polizei, die den US-amerikanischen Lehrer in ihrem Neusprech-Bericht fortwährend als „SA“ (= „Schwarzafrikaner“) bezeichnet. Die „Amtshandlung“, nach der Mike Brennan tagelang im Krankenhaus lag, war „von den gesellschaftlichen und rechtlichen Werten unserer Stadt, unseres Landes getragen“, erklärt uns, mit einem Zynismus sondergleichen, der Polizeipräsident.
Dieser Polizeiüberfall ist nur ein weiteres Glied in einer langen Kette rassistischer Gewalt. Vor zehn Jahren, am 1. Mai 1999, wurde Marcus Omofuma im Abschubflieger von Fremdenpolizisten umgebracht.
Auch damals die gleiche Masche wie heute: Das Opfer war selber schuld! Omofuma hatte „um sich geschlagen“ und „gestöhnt wie ein Tier“, sodaß sie sich sehr vor ihm fürchteten, als sie ihn – in „Notwehr“ natürlich! – zu Tode knebelten.
Aber Mord verjährt nicht.
Den Tätern von damals ist nichts geschehen, sie laufen noch immer frei herum. Der Tatbestand des Mordes wurde von keinem unabhängigen Gericht geprüft, weil die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft dieses Delikt gar nicht angeklagt hat.
Dies obwohl der Tötungsvorsatz schon dann verwirklicht ist, wenn der Täter den Tod des Opfers, den er bewirkt, ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat (bedingter Vorsatz; Strafgesetzbuch § 5 Absatz 1).
Daß ein Mensch, dem man die Atemwege verklebt, möglicherweise stirbt, mussten selbst Fremdenpolizisten ernstlich wissen; sie fanden sich aber damit ab.
Aber sie wurden dafür nicht angeklagt, sondern kamen mit bedingten Bagatellstrafen davon, von denen keinerlei generalpräventive Wirkung ausging, im Gegenteil: jeder potentielle Nachahmungstäter in der Polizei wußte seither, daß die Tötung eines „SA“ ungesühnt bleibt.
Nicht anders war es, als Seibane Wague im Stadtpark ums Leben gebracht worden war. Auch diesmal blieben die Täter ungeschoren. Ihre bedingten Strafen waren ein Freibrief für alle Ihresgleichen, denen die „Schwarzen“ in diesem Land ein Dorn im Auge sind.
Aber nicht nur „Schwarze“ sind vom staatlichen Rassismus bedroht, sondern „Fremde“ überhaupt.
So wurde Imre B., Held vieler Kämpfe der zweiten Generation gegen Neonazis, von einem Polizisten erschossen, der bei einer Drogenfahndung (den Finger am Abzug) plötzlich einen „Greifreflex“ bekam. Imres überlebender „Komplize“ wurde vom Vorwurf des Drogenhandels freigesprochen, Imres Tod jedoch nie gesühnt.
Cold case – kein Opfer und kein Täter wird vergessen!
All diese Verbrechen sind nur Spitzen des Eisbergs in einem rassistischen System, das ständig neue Sondergesetze gegen „Fremde“ hervorbringt und diese Gesetze von eigenst dafür ausgewählten und geschulten Beamten exekutieren lässt. Daher ist der Prozentsatz an Rassisten in diesem Bereich auch höher als sonst in der Bevölkerung.
Der Anschlag auf Mike Brennan und die unverschämte Reaktion der Polizei hat Empörung ausgelöst und vielen Menschen die Augen geöffnet. Die Zeit ist reif für eine breite Mobilisierung, in der die schwarze Community nicht allein stehen darf.
Asyl in Not unterstützt diese Mobilisierung. Der Erste Mai 2009, Omofumas zehnter Todestag, soll unser Kampftag sein: Für eine Säuberung der Beamtenschaft. Für die Abschaffung aller Sondergesetze. Gleiche Rechte für alle! Die Menschenrechte müssen wieder gelten in diesem Land!
Michael Genner
Obmann von Asyl in Not
Spendenkonto:
Raiffeisen (BLZ 32000),
Kontonummer 5.943.139, Asyl in Not
Spenden für Mike Brennan:
Kontonummer 50900020215
Bank Austria (BLZ 12000)