Peggauer Flüchtlingsfamilie soll abgeschoben werden
Trotz Selbstmordversuch der Tochter!
Asylgerichtshof: öffentliche Meinung kein Entscheidungskriterium…
Unsere LeserInnen erinnern sich: Familie C. sollte schon im Februar nach Polen abgeschoben werden. Wie „DER STANDARD“ berichtete, kam es beim Abschiebungsversuch zu erschütternden Szenen:
Die Mutter brach ohnmächtig zusammen, die 14jährige Tochter Cheda, die in Peggau (Steiermark) die Hauptschule besucht und allseits beliebt ist, versuchte sich umzubringen, „damit ich nicht wieder sehen muß, wie die Polizei meinen Vater holt“.
Der Vater wurde in Schubhaft genommen und erst vorige Woche auf freien Fuß gesetzt. Chedas MitschülerInnen verfassten mit dem Lehrer eine Petition, in der sie darum baten, „daß Cheda in Österreich bleiben darf“.
Auf unseren Rat hat die Familie einen neuen Asylantrag gestellt, den wir mit dem Selbstmordversuch der Tochter und dem Zusammenbruch der Mutter begründeten: Es gab einen neuen Sachverhalt, der die Abschiebung unzulässig macht.
Trotzdem wies das Asylamt den neuen Antrag wegen „entschiedener Sache“ zurück. In unserer Beschwerde machten wir geltend, daß wegen der extremen Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Mutter und der Suizidgefahr der Tochter keine entschiedene, sondern eine neue Sache vorliegt.
In einer Beschwerdeergänzung zitierten wir den Generalsekretär von Amnesty, Heinz Patzelt, den „DER STANDARD“ zu diesem Fall befragt hatte:
„Daß Tschetschenen sich in Polen nicht sicher fühlen, versteht indes Heinz Patzelt von Amnesty International sehr gut: ‚Erstens, stellt nahezu jeder Dublin-Transfer die Gefahr von Menschenrechtsverletzungen dar, da die EU keinen Einfluß auf die Qualität der Asylverfahren einzelner Staaten hat. Zweitens, ist Polen als Asylland für Tschetschenen indiskutabel. Wir wissen, daß der russische Geheimdienst dort präsent ist.’ Zudem sei in Polen sogar die Abschiebung nach Tschetschenien möglich. Eine Gefahr, die in Österreich kaum bestünde.“
Trotzdem wies nun der Asylgerichtshof (Richterin Dr. Lassmann) unsere Beschwerde mit der lapidaren Begründung, es liege kein neuer Sachverhalt vor, ab. Auf den Selbstmordversuch der Tochter geht Frau Lassmann nicht ein, ebenso wenig auf Patzelts Aussage über Polen.
Zu den „STANDARD“-Berichten und der Solidarität der Klassengemeinschaft schreibt Frau Lassmann, „daß die ins Treffen geführten Umstände zwar durchaus auf die Bemühung des Beschwerdeführers und seiner Familie, sich zu integrieren, hindeuten, allerdings kann die öffentliche Meinung, beziehungsweise die Solidarisierung der Klassengemeinschaft, nicht als Entscheidungskriterium, herangezogen werden und vermögen derartige Umstände wohl nicht, zwingend anzuwendende Gesetzesbestimmungen außer Kraft zu setzen.“
Dieses Erkenntnis des Asylgerichtshofs (Überschrift: „Im Namen der Republik“!) ist nicht nur eine dreiste Missachtung aller rechtsstaatlichen Verfahrensvorschriften, sondern überdies eine Verhöhnung der Öffentlichkeit – kurz, ein weiterer Beweis für die Verwahrlosung der Asyljudikatur.
Protestmails bitte an:
Besten Dank,
Michael Genner, Asyl in Not
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Kontonummer 5.943.139, Asyl in Not