an den
Vorsitzenden des Unabhängigen Bundesasylsenats
Mag. Harald PERL
Laxenburgerstraße 36
1100 Wien

Wien, im Jänner 2003


Sehr geehrter Herr Mag. Perl !

Tausende Asylwerber aus dem Irak warten in Österreich auf den Ausgang ihres Asylverfahrens; manche schon seit einer Reihe von Jahren. Viele von ihnen sind Klienten von Asyl in Not. Allein im vergangenen Jahr wurden 80 AsylwerberInnen aus dem Irak von unserem Büro rechtlich beraten und sozial betreut.

Wir kennen ihre Fluchtgründe, wir sind immer wieder mit erschütternden Berichten über Kerkerhaft und Folterungen konfrontiert. Und auch mit der psychischen Zermürbung durch die lange Verfahrensdauer, die Ungewissheit, die ständige Angst vor der Abschiebung, vor neuerlicher Folter, vor dem Tod.

Zugleich wächst die Kriegsgefahr. Saddam Husseins Regime verschärft daher die Verfolgung Andersdenkender. Auch in der autonomen Kurdenzone (wo schon bisher Agenten des irakischen Regimes auf Menschenjagd ausgingen) verstärkt sich der antikurdische Terror, mit Al-Kaida verbündeter Mörderbanden.

Wie Sie wissen (und wie auch der Unabhängige Bundesasylsenat in vielen Bescheiden festgestellt hat), genügt Saddams Schergen in der Regel schon die illegale Ausreise und die Asylantragstellung (die als Verleumdung des irakischen Staates angesehen wird), um ihre Opfer im Falle ihrer Rückkehr neuerlich zu verfolgen.

Trotzdem müssen Flüchtlinge aus dem Irak noch immer in endlosen Prozeduren nachweisen, wie sehr verfolgt sie ganz persönlich sind. Einer meiner Klienten, ein irakischer Kurde, der sechs Jahre in Saddam Husseins Gefängnissen gesessen und gefoltert worden war, wartet nun in Österreich seit drei Jahren auf seinen Berufungsbescheid! Nun hat das zuständige Senatsmitglied (das sein Vorbringen für glaubhaft hielt) den UBAS verlassen; das neu zuständige Mitglied ist mit anderen Fällen beschäftigt, ein Ende ist nicht abzusehen.

Ich bin mir der Tatsache bewusst, daß der Unabhängige Bundesasylsenat, ebenso wie das Bundesasylamt, mit Arbeit überlastet ist. Ich meine aber, daß es darauf ankommt, die richtigen Prioritäten zu setzen. Daß es möglich sein muß, offensichtlich wohl begründete Asylanträge ohne unnötige Verzögerung positiv zu bescheiden.

Ich erinnere Sie daher auch an die Worte des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für die Flüchtlinge, Ruud Lubbers, in einem Interview für die “Presse” am 10. Dezember 2002 (“Flüchtlingshochkommissar Lubbers: Europas Asylpolitik ist ‚primitiv””):

“Man kann nicht sagen, Saddam Hussein sei ein Diktator, der alles tut, was Gott verboten hat – und dann Irakis nicht als Flüchtlinge anerkennen. Man hat das Taliban-Regime sogar durch eine militärische Intervention beendet – daher konnte man nicht sagen, daß die Leute, die vor dem Taliban-Regime geflohen sind, keine Flüchtlinge waren. Das ist nicht so kompliziert, wie man sagt.”


 Asyl in Not verlangt Gruppenlösung
 Ich erinnere Sie daran, daß nach der Niederschlagung des ungarischen Volksaufstandes im Jahre 1956 der damalige österreichische Innenminister Oscar Helmer angeordnet hat, Flüchtlingen aus Ungarn prima facie, ohne weiteres Verfahren, Asyl zu gewähren.

Ohne Zweifel erinnern Sie sich auch daran, daß der Unabhängige Bundesasylsenat im Jahre 1998 Flüchtlingen aus Afghanistan, die der Volksgruppe der Hazara angehörten, allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit Asyl gewährt und somit das Prinzip der Gruppenverfolgung angewendet hat.

Ebenso hat der UBAS im Jahre 1999, auf dem Höhepunkt der Vertreibungen von Albanern aus dem Kosovo, einige Monate lang in einhelliger Rechtsprechung entschieden, daß schon die Zugehörigkeit zur albanischen Volksgruppe im Kosovo ausreicht, um asylrelevante Verfolgung zu begründen.

Ich meine, daß auch die Asylverfahren irakischer Flüchtlinge durch Gruppenentscheidungen beschleunigt werden können, was zugleich zu einer Entlastung der mit Akten überhäuften UBAS-Mitglieder führen würde.

Ich appelliere daher an Sie, Ihre Koordinierungsaufgabe im Unabhängigen Bundesasylsenat dahingehend wahrzunehmen, daß in der gegenwärtigen bedrohlichen Lage Flüchtlingen aus dem Irak rasch und unbürokratisch zu ihrem selbstverständlichen Recht geholfen wird.

Mit vorzüglicher Hochachtung
Michael Genner

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