Zweitausend Menschen (laut Schätzung bürgerlicher Medien) haben am 16. Februar für die Rechte der Flüchtlinge demonstriert. Ein Erfolg, denn diese Aktion war nur von kleinen linken Gruppen ohne Unterstützung der großen Apparate organisiert.

Asyl in Not hat den Aufruf verbreitet, aber unsere Reichweite ist beschränkt. Von den Grünen waren Alev Korun und Senol Akkilic da; aber von der Basis in den Bezirksgruppen war wenig bis nichts zu sehen.

Asyl in Not begrüßt es, daß die Flüchtlinge ihre Gesundheit nicht weiter ruinieren wollen und den Hungerstreik abgebrochen haben. Niemand (außer ihren Feinden) hat etwas davon, wenn sie tot sind.

Da nun aber dieses Druckmittel weggefallen ist, werden alle jene, die sich mit Recht um die Gesundheit der Flüchtlinge besorgt gezeigt haben, darüber nachdenken müssen, ob sie selber genug getan haben und was sie weiterhin, nunmehr stellvertretend für die Betroffenen, zu tun gedenken, um deren gerechte Forderungen durchzusetzen.

Zu diesen Forderungen gehört auf lange Sicht die Abschaffung des Dublin-Systems. Dazu gehört eine grundlegende Änderung der Judikatur, aber auch eine Neuordnung der Beamtenschaft, insbesondere die Ersetzung des Asylgerichtshofes durch ein unabhängiges Tribunal.

Dazu gehört aber auch ganz unmittelbar, daß  aus der Gemeinschaft der Votivkirchenflüchtlinge niemand herausgeschossen und abgeschoben wird.

Sie alle kommen aus unsicheren Herkunftsstaaten. Der Großteil sind Schiiten aus Pakistan, wo viele ihrer Glaubensgeschwister gerade erst einem vernichtenden Terroranschlag der Taliban zum Opfer gefallen sind.

In diesen gescheiterten Staat darf man niemanden abschieben; genauso wenig wie man Schiffbrüchige in einem Gewässer voller Haie ihrem Schicksal überlassen darf.

Allen pakistanischen Flüchtlingen, deren Asylverfahren anhängig sind, ist angesichts der jüngsten Verschärfung der Sicherheitslage in diesem gescheiterten Staat sofort internationaler Schutz (also Asyl oder zumindest subsidiärer Schutz) zu gewähren.

Diese Maßnahme kann die Innenministerin mit einem Federstrich anordnen. Das Bundesasylamt, wo einige uns bekannte Fälle von Votivkirchenflüchtlingen anhängig sind, ist an ihre Weisungen gebunden.

Aber auch Bescheide, die das Bundesasylamt schon erlassen hat und aus denen (da sie negativ sind) niemandem ein Recht erwachsen ist, können von Amts wegen aufgehoben oder so abgeändert werden, daß die Betroffenen Asyl erhalten (§ 68 Abs. 2 AVG).

Niemand kann uns erzählen, daß das nicht möglich ist oder daß der Innenministerin vielleicht gar die Hände gebunden sind. Es bedarf nur ihres guten Willens. Und der Einsicht, daß die bisherigen Bescheide rechtswidrig waren.

Dieser Einsicht wird man wohl ein bißchen nachhelfen müssen. An die Medien appellieren wir daher dringend: Hört auf mit dem Gerede vom „Rechtsstaat“, der „sich nicht erpressen läßt“. Diese hohle Phrase haben wir schon in der Causa Arigona bis zum Speiben gehört.

Erstens gibt es in diesem Staat für „Fremde“ kein Recht, sondern nur ein Sonderrecht. Zweitens geschieht im Leben und in der Politik nichts ohne Druck und ohne Kampf…

Michael Genner

Obmann von Asyl in Not

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