Aber die Richtigen

In meinem vorigen Rundbrief habe ich dazu aufgerufen, KandidatInnen aus den Reihen der MigrantInnen zu wählen. Wie gesagt, aus den Reihen der Grünen kann ich Alev Korun wärmstens empfehlen, unter den Kandidaten auf der Liste der SPÖ meine alten Freunde Haydar Sari und Sintayehu Tsehay.

Diese Aufzählung hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit; es gibt eine Reihe von guten Leuten, die auf den Listen beider Parteien kandidieren. Das sei betont, weil ich einige Zuschriften von Leserinnen und Lesern erhalten habe, die mich ersuchten, auch die KandidatInnen ihrer Wahl nicht zu vergessen. Zwei von ihnen möchte ich in der heutigen Aussendung erwähnen:

Nurten Yilmaz kandidiert in Ottakring und braucht rund 7.000 bis 10.000 Vorzugstimmen, um ins Parlament zu kommen. Sie hat sich in der Plattform “Österreich für alle gleich” engagiert und wertvolle Arbeit geleistet. Auch sie ist eine Stimme gegen den Rassismus; ihre Wahl könnte ein wichtiges Signal für die Frauen sein.

Omar al-Raawi steht ebenfalls zur Wahl. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern der Plattform “Österreich für alle gleich”. Er hat sich bemüht, Brücken zu bauen und zu einem friedlichen Zusammenleben von MigrantInnen und Altbürgern beizutragen. Wenn ich auch persönlich ein Gegner aller Religionen, besonders der monotheistischen bin, so habe ich Omar doch als angenehmen Gesprächspartner und als Vertreter eines liberalen Islam kennengelernt; auch Omar ist also ein respektabler und wählbarer Kandidat.

Einige LeserInnen haben mir geschrieben, ich solle Frau Anica Matzka schonender behandeln, sie könne doch nichts für ihren Mann. Auch sei sie nicht sein Anhängsel, sondern eine eigenständige, politisch handelnde Person. Sie seinetwegen anzugreifen, sei Sippenhaftung. Diese Meinungen nehme ich durchaus ernst; daher möchte ich auch deutlich dazu Stellung nehmen.

Mit dem Ausdruck “Sippenhaftung” soll man achtsam umgehen. Ich habe nicht verlangt, daß Anica Matzka an Stelle ihres Mannes eingesperrt oder sonst wie persönlich bestraft werden soll. Das wäre Sippenhaftung, aber davon steht nichts in meinem Rundbrief. Frau Matzka ist auch derzeit nicht das Anhängsel ihres Mannes, sondern eher umgekehrt. Sie nimmt ihn in die Öffentlichkeit mit und führt ihn durch die Hintertüre wieder in die Zivilgesellschaft ein, aus denen er lange ausgegrenzt war.

Das können wir nicht tolerieren, denn die Ausgrenzung von Leuten wie Matzka ist schon aus allgemein präventiven Gründen notwendig: um zu zeigen, daß Verrat sich nicht lohnt. Daß die jahrelangen Verletzungen der Menschenrechte, von denen die Ära Löschnak-Schlögl-Matzka geprägt war, nicht in Vergessenheit geraten sind.

Anica Matzka hat sich dafür entschieden, mit diesem Menschen eine persönliche Beziehung einzugehen. Das ist ihr Recht. Aber: Dann muß sie sich gefallen lassen, daß sie im Wahlkampf, den sie nun betreibt, mit diesem Menschen identifiziert wird. Daß man daher aufruft, sie n i c h t zu wählen.

Mittwoch abend hat sie ihn in ein Lokal mitgebracht, wo sonst Leute aus unseren Kreisen, insbesondere auch Mitglieder von Asyl in Not verkehren. Das meine ich mit “salonfähig machen”. Und das ist ein gelinder Ausdruck. Ich könnte auch sagen: Es war eine unverschämte Provokation. Unser Vereinsobmann Rainer Klien hat ihm daher mit aller Deutlichkeit mitgeteilt, daß er in diesem Lokal nicht willkommen ist. Matzka ist dann auch gegangen, seine Gattin ebenso.

So werden wir es auch in Zukunft halten. Wir vergessen nicht, was Matzka vielen unserer Klienten angetan hat. Wir vergeben ihm nicht. Wir akzeptieren auch nicht die Toleranz gegenüber dem Unrecht, die Wertbeliebigkeit, die typisch österreichische Gesinnungsschlamperei, die dazu führt, daß Leute wie Matzka auf einmal wieder da sind, mitten unter uns, als gehörten sie auch dazu.

Und wir wollen auch jetzt schon eines klarstellen für die Zeit nach der Wahl (wir wissen ja nicht, wie sie ausgehen und wer dann den Innenminister stellt): So sehr wir für die Abwahl der Schwarzblauen sind, so wenig könnten wir akzeptieren, daß ein künftiger roter Innenminister das gleiche tut, was wir schon einmal erleben mussten, in der unseligen Löschnak-Schlögl-Matzka-Zeit.

Daher habe ich ganz bewusst nicht nur den Grünwählern empfohlen Alev Korun zu wählen; sondern ich mische mich zugleich auch in die inneren Angelegenheiten der SPÖ ein. Ich möchte, daß die Zivilgesellschaft lernt, sich in Parteiangelegenheiten einzumischen. Daß wir stark genug werden, auch eine große Partei wie die SPÖ zu zwingen, bestimmte Kandidaten aufzustellen und andere fallen zu lassen. Sie zu zwingen, die Politik zu betreiben, die wir wollen. So stark wollen wir in Zukunft sein.

Ein Mittel, so stark zu werden, ist es, Leute wie Matzka – oder Szymanski und andere Totengräber der Menschenrechte – immer wiedert anzugreifen, öffentlich und auch persönlich. Das ist schließlich auch das wirksamste Mittel, um unsere KlientInnen zu schützen. Viele Jahre Kampf haben mich das gelehrt.

In diesem Sinne: MigrantInnen wählen – aber die richtigen!

Michael Genner,
Asyl in Not

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