KEIN GOLD… (fortgesetzt)
Karin Klaric hat uns mit einer langen Stellungnahme geantwortet. Darin bringt sie im wesentlichen vor, sie habe nicht gewußt, daß Asyl in Not in den Fall P. involviert ist; sie habe die Familie P. seit März 2010 betreut und auch mit Vollmacht vertreten.
Herr P. habe ihr nicht erzählt, daß er auch unseren Rat gesucht, sondern nur, daß er „die Nerven verloren“ und deshalb mit seiner Mutter einen Folgeantrag gestellt habe.
Frau Klaric betont, sie sei „GEGEN einen Folgeantrag mit der Begründung ‚6 Monatsfrist verstrichen“ gewesen, und zwar „aus verschiedenen Gründen – die ich auf Wunsch der Familie hier leider nicht angeben darf“. Asyl in Not habe eben „einen anderen Zugang zum Fall“; darüber könne nun „gefachsimpelt werden“.
Die Familie sei im Freunde schützen-Haus nicht „untergetaucht“, daher könne die Frist auch nicht auf 18 Monate verlängert worden sein. Trotzdem habe Polen der Rückübernahme auch diesmal zugestimmt.
Der „mit dem Ansatz von Asyl in Not fast schon gewonnene Fall“ sei „offensichtlich leider verloren“ worden.
Das Telefonat zwischen Judith Ruderstaller und Herrn P. habe so stattgefunden, wie von uns berichtet. Sie werde nun „leider auch rechtliche Schritte“ gegen uns einleiten.
Die gesamte Stellungnahme ist auf der Homepage von Purplesheep nachzulesen: http://www.purplesheep.at/index.php?i=psNews&id=7775&d=a. Dazu drängen sich uns viele Bemerkungen auf.
Frau Klaric wird sich wohl selbst die Frage stellen müssen, warum die P.‘s ihr nichts vom Kontakt mit uns erzählt haben. Offenbar hatten sie nicht genug Vertrauen zu ihr. Oder anders gesagt: Sie haben sich einfach nicht getraut.
Tatsache ist aber, daß Herr P. nicht „die Nerven verloren“, sondern unseren rechtsrichtigen Rat befolgt hat, als er mit seiner Mutter und seinem Bruder nach Traiskirchen ging, um einen neuen Antrag wegen Ablaufs der Sechsmonatsfrist zu stellen.
Frau Klaric gibt also zu, daß sie die Familie seit März betreute, daß sie Vollmacht hatte, daß sie vom (im August 2010 eingetretenen!) Fristablauf wußte – und trotzdem nichts unternommen, keinen Folgeantrag, keinen Antrag auf Zulassung des Verfahrens gestellt hat!
Als Begründung gibt sie lediglich an, daß sie dagegen war. Punktum. Aus „verschiedenen Gründen“. Aber die darf sie uns angeblich nicht sagen.
Das ist wirklich skandalös, denn sie hatte als Rechtsvertreterin die Pflicht, die P.‘s über ihre Rechte und Möglichkeiten rechtsrichtig zu informieren und die richtigen, der Rechtslage konformen Rechtsmittel zu ergreifen.
Daß sie dies seit August 2010 unterlassen hat, stellt eine zumindest fahrlässige Schädigung der P.‘s dar. Wäre sie Rechtsanwältin, könnte sie dafür aus der Kammer ausgeschlossen werden.
Aber der Gipfel der Unverfrorenheit ist es, wenn sie nun ein „Fachsimpeln“ über unsere „verschiedenen Zugänge“ anregt.
Das ist beinahe so, wie wenn ein Heilpraktiker einem Krebskranken rät, auf die (vielleicht) lebensrettende Operation zu verzichten und dafür Kamillentee zu schlucken. Und sich dann damit rechtfertigt, daß er eben einen anderen Zugang hat, über den er gerne mit der Schulmedizin fachsimpeln möchte!
Wenn im übrigen die Frist, wie Klaric behauptet, gar nicht auf 18 Monate verlängert wurde, warum ist dann die Polizei gekommen? Dieser Einsatz war dann vollends rechtswidrig.
Wird Frau Klaric (die jetzt alleinige Vertreterin ist) dagegen eine Maßnahmenbeschwerde einbringen? Oder gibt sie sich mit den ach so gütigen Zusagen der Fremdenpolizeichefin zufrieden?
Was gedenkt sie überhaupt in diesem Fall, den sie nun wieder an sich gezogen hat, weiter zu tun? Wird sie überhaupt irgendwelche Rechtsmittel ergreifen? Auf behördliche Zustellungen reagieren?
Zu unserer Bestürzung erhalten wir soeben ein Fax des Bundesasylamtes: In einem anderen Fall, wo der Klaric-Verein Vollmacht hat, sei eine „an drei verschiedene Adressen des Vereins Purple Sheep übermittelte Ladung für den heutigen Tag“ NICHT BEHOBEN worden!
Das Asylamt möchte daher von uns wissen, ob vielleicht unsere, viel ältere Vollmacht noch gilt. Leider sind wir aber, seit der Klaric-Verein die Sache übernommen hat, mit den Klienten nicht mehr in Kontakt…
Wir haben in der kurzen Zeit seit unserer Veröffentlichung viele zustimmende Reaktionen erhalten; viele engagierte Leute haben uns dafür gedankt, daß wir als erste den Mut hatten, die Probleme, die es mit Frau Klaric gibt, anzusprechen.
Andere haben gemeint, man solle derartige Konflikte doch nicht öffentlich austragen. Dieser (sicher gut gemeinten) Ansicht stimmen wir nicht zu. Sie ist Ausdruck der in Österreich generell mangelnden politischen Streitkultur: Man liebt den Konsens und ist entsetzt, wenn Leute ihre Positionen offen und hart auf den Tisch legen.
Klaric‘ „rechtlichen Schritten“ sehen wir mit Gelassenheit entgegen. Übrigens: Das wäre eine Neuerung. Klaric würde damit eine Grenze überschreiten. Bisher ist es, soweit ich zurückdenken kann, noch nie vorgekommen, daß eine NGO eine andere klagt. Aber alles geschieht einmal zum ersten Mal.
Michael Genner
Obmann von Asyl in Not
Spendenkonto:
Raiffeisen (BLZ 32000),
Kontonummer 5.943.139, Asyl in Not