Vor hundert Jahren, am 12. März 1916, kam Christian Broda zur Welt. Er war Widerstandskämpfer, Rechtsreformer und Antirassist. 1969 ergriff er im Parlament für mich Partei, als ich wegen eines Mediendelikts („Verleitung zum Aufstand“) in Untersuchungshaft saß. Später arbeiteten wir beide, freilich in verschiedenen Positionen, für die Heimreform: Ich als junger Spartakist, er als Justizminister. Er sprach oft von „Arbeitsteilung“ zwischen ihm und uns.

Die Erziehungsheime waren ein ständiges Druckmittel, um junge Menschen gefügig zu machen. Im Zug der Strafrechtsreform löste Broda mit 1. Jänner 1975 die Bundeserziehungsanstalten auf. Kaiser-Ebersdorf, das berüchtigte Prügelheim, gab es danach nicht mehr. Viele Generationen von Jugendlichen waren in diesen Heimen gebrochen worden. Daß die Jugend seither freier atmen konnte, war der gemeinsame Erfolg von Broda und von Spartakus.
 
Auch sonst haben Brodas Reformen den Menschen in diesem Land große Erleichterungen gebracht: Die Fristenlösung war ein entscheidender Durchbruch; daß Frauen nun arbeiten durften, ohne ihre Männer um Erlaubnis zu fragen, scheint uns heute selbstverständlich, war aber damals ein riesiger Sieg. Aber ich will mich hier auf das beschränke, woran ich selber beteiligt war:
 
In seinen letzten Jahren, nach seinem Rücktritt als Minister, kämpfte Broda an unserer Seite um das Menschenrecht auf Asyl.
 
Am 28. Jänner 1987 wurde ihm der Europäische Menschenrechtspreis verliehen. In seiner Rede „Für die unteilbaren Menschenrechte“ vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg rief Broda zu einer „umfassenden europäischen Initiative zum Schutz der Menschenrechte der Flüchtlinge und Ausländer“ auf.
 
Broda forderte in dieser Rede die Verankerung des Rechts auf Asyl für politische Flüchtlinge in der Europäischen Menschenrechtskonvention.
 
Er forderte einen Rechtsanspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft nach vier Jahren ununterbrochenen Aufenthalts; und das aktive und passive Wahlrecht für anerkannte Flüchtlinge und für Ausländer überhaupt, ebenfalls nach vier Jahren Aufenthalt:
 
Und er warnte vor dem neuen Faschismus unserer Zeit:
 
„Es darf nicht sein, daß unsere Gesellschaft dauernd in zwei Gruppen mit mehr und mit weniger Rechten  zerfällt: In  die Klasse der Einheimischen und in die Klasse der Fremden. (…) In der Diskriminierung der Minderheiten lebt der Faschismus fort. Der Rassismus ist der Faschismus unserer Tage.“
 
Es war Brodas letzte Rede. Vier Tage später, am 1. Februar 1987, starb er an einem Herzinfarkt.
 
In der heutigen Sozialdemokratie erinnern sich wohl nur mehr wenige daran, wer Christian Broda war und für welche Ziele er, besonders am Ende seines Lebens, kämpfte.
 
Aber wir, die Zivilgesellschaft, wir FluchthelferInnen, wir halten Brodas Andenken hoch. Auch in seinem Namen werden wir am 14. März in Liesing gegen diejenigen auf die Straße gehen, vor denen Broda in seiner letzten Rede warnte.  Und ebenso am 19. März, für das unteilbare Menschenrecht auf Asyl.
 
Michael Genner
Obmann von Asyl in Not
12. März 2016

 
Ihre Spende für das Menschenrecht auf Asyl ist von der Steuer absetzbar:
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