Ein afghanischer Flüchtling, der dreimal vom Iran nach Afghanistan abgeschoben und dessen Botschaftsantrag “als gegenstandslos abgelegt” wurde, erhielt endlich Asyl.

Szymanski und Taucher hatten behauptet, der Iran sei ein sicheres Drittland. Herr N. geriet dadurch in Lebensgefahr. Wir fordern nun für unseren Mandanten die Schlepperkosten ein.

Herr N. hat Asyl

Ein Erfolgsbericht von Michael Genner

Herr Zahiruddin N. ist mein Klient. Er stammt aus Afghanistan, war Mitglied der Volksdemokratischen Partei und arbeitete unter der kommunistischen Regierung als Beamter in einem Ministerium. Sein Bruder Wayssuddin N. war ein prominenter Diplomat. Nach der Machtergreifung der Mudjaheddin (1992) wurde Herr N. verhaftet, entkam mit Mühe und flüchtete in den Iran, wo sein Bruder Wayssuddin als Sekretär der afghanischen Botschaft tätig war.

Wayssuddin (den das neue Regime zunächst mangels brauchbaren Personals im Dienst behalten hatte) erhielt 1995 die Order, nach Afghanistan zurückzukehren. Dahinter steckte der berüchtigte Islamistenführer Sayyaf, ein Todfeind der Familie N .; Wayssuddin wusste, die Rückkehr in die Heimat bedeute seinen sicheren Tod. Er zog es vor, abzuspringen; das Teheraner Büro des UNHCR erkannte ihn als Mandatsflüchtling an. Wayssuddin flüchtete weiter nach Österreich, wo er nach einem langen, abenteuerlichen Verfahren voller behördlicher Schikanen Asyl erhielt. Aber das ist eine andere Geschichte.

Herr Zahiruddin N. blieb mit Frau und Kindern im Iran, wo er sich eine (freilich illegale) Existenz aufbauen konnte. Wie er lebten hunderttausende afghanische Flüchtlinge im Iran, der Großteil von ihnen ohne legalen Aufenthalt.

Herr N. wurde dreimal von den iranischen Behörden bei Straßenkontrollen festgenommen, dreimal (1997, 2000 und 2001) aus dem Iran ins afghanische Grenzgebiet abgeschoben; jedes Mal gelang es ihm, mittels Bestechungsgeldern und mit Hilfe von Schleppern in den Iran zurückzukehren.

Zwischen der zweiten und der dritten Abschiebung stellte Herr N., der im Iran seines Lebens nicht mehr sicher war, bei der österreichischen Botschaft in Teheran einen Asylantrag. Er erhielt keine Antwort, monatelang. Sein Bruder, der frühere Diplomat, intervenierte von Wien aus telefonisch und erhielt von der Botschaft die Auskunft, es gäbe hier “kein solches Programm”.

Wie Herr N. warteten tausende afghanische Flüchtlinge, die im Frühjahr 2001 bei der Botschaft in Teheran Asylanträge stellten, vergeblich auf eine Antwort aus Österreich. Ihre Anträge wurden als “gegenstandslos abgelegt”.

Der zuständige Sektionschef im Innenministerium, Wolf Szymanski, und der Leiter des Bundesasylamtes, Wolfgang Taucher, behaupteten nämlich, der Iran sei ein “sicheres Drittland”.

Sie behaupteten das wider besseres Wissen, denn es musste ihnen bekannt sein, daß der Iran keines der Kriterien erfüllt, die der § 4 des österreichischen Asylgesetzes für sichere Drittländer vorsieht: Ratifizierung der GFK, rechtsstaatliches Verfahren zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, Aufenthaltsberechtigung und Schutz vor Abschiebung während des Verfahrens.

Am 9. September 2001 wurde Herr N. zum dritten Mal von den iranischen Behörden festgenommen und nach Afghanistan abgeschoben. Zwei Tage vor dem 11. September, in der Zeit des härtesten Terrors der Taliban gegen Andersdenkende.

Ein paar Wochen danach gab Herrn N.”s Bruder, der frühere Diplomat, ein Interview für die ORF-Sendung “Thema”, worin er die Taliban kritisierte. Man stelle sich vor, in diesem Augenblick hätte sich Herr Zahiruddin N. in den Händen der Taliban befunden!

Sie hätten mit ihm kurzen Prozeß gemacht. Herr Szymanski und Herr Taucher trügen dann für sein Schicksal die Verantwortung.

Zum Glück gelang es Herrn N. auch diesmal, die Grenzer zu bestechen und mit Hilfe von Schleppern aus dem Machtbereich der Taliban zu entkommen. Diesmal flüchtete er gleich weiter nach Österreich und stellte hier im November 2001 einen neuen Asylantrag. Für den Schlepper, der ihn illegal nach Österreich brachte, musste Herr N. 4000 Dollar zahlen.

Herr N. beauftragte mich mit seiner Rechtsvertretung. Bei Akteneinsicht im Bundesasylamt stellten wir mit Erstaunen fest, daß sein Botschaftsantrag nicht auffindbar war! Er muss wohl ganz endgültig abgelegt worden sein. Ich erstattete daher eine Anzeige gegen unbekannte Täter in der Beamtenschaft wegen Urkundenunterdrückung; die Anzeige wurde aber, wie viele zuvor, “zurückgelegt”.

Mittlerweile wurden die Taliban gestürzt. Aber auch unter dem jetzigen Regime wird die Familie N. verfolgt. Sayyaf, ihr alter Todfeind, gehört zu den neuen Machthabern; sein engster Verbündeter ist Verteidigungsminister Fahim. Dieses fundamentalistische Gespann verfolgt Andersdenkende, besonders frühere Kommunisten, mit tödlichem Haß.

Im Asylverfahren legte ich ein Gutachten des Sachverständigen Dr. Rasuly vor. Darin wird die Gefahr bescheinigt, die dem früheren Diplomaten Wayssuddin N. (der sich auch in Österreich exilpolitisch gegen die Fundamentalisten betätigt) von Sayyaf und Fahim droht. In Afghanistan herrscht Sippenhaftung; seine Angehörigen schweben daher in der gleichen Gefahr.

Das erstinstanzliche Verfahren dauerte acht Monate; unterdessen gerieten Herrn N.”s Frau und Kinder in Teheran in höchste Gefahr. Die iranischen Behörden begannen nämlich im Sommer 2002, auf afghanische Flüchtlinge Jagd zu machen und sie zu deportieren.

Nun endlich, nach oftmaligen Interventionen meinerseits und offenbar auch einem Tauziehen hinter den Kulissen, schloß sich das Bundesasylamt, Außenstelle Traiskirchen, meiner Rechtsauffassung an. Mit Bescheid vom 23.9.2002 erhielt Herr N. Asyl. Seiner Frau und seinen Kindern wird nun sofort die Einreise nach Österreich zu gestatten sein.

Offen bleibt die Rechnung für den Schlepper. Herr N. wollte den legalen Weg gehen, wie er im Asylgesetz vorgesehen ist. Er hat einen Asylantrag bei der österreichischen Botschaft gestellt. Die Botschaft hat den Antrag vorschriftsgemäß nach Österreich weitergeleitet. Das Bundesasylamt hätte erkennen müssen, daß die Asylgewährung wahrscheinlich ist; Herrn. N. wäre daher sofort ein Einreisevisum zu erteilen gewesen.

Das ist rechtswidrigerweise unterblieben, sodaß Herr N. in Lebensgefahr geriet.

Herr N. musste daher – da ihm nach seiner dritten Abschiebung weiteres Abwarten nicht zumutbar war – die Dienste eines Schleppers in Anspruch nehmen, der ein Honorar von 4000 Dollar erhielt.

Diesen Betrag werden wir nun vom österreichischen Staat einfordern. Herr Szymanski und Herr Taucher haben meinen Mandanten durch ihre rechtsirrige Behauptung, der Iran sei ein sicherer Drittstaat, in Lebensgefahr gebracht. Sie mögen sich nun den Kopf zerbrechen, wo sie das Geld hernehmen, um die daraus entstandenen Kosten zu bezahlen.

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