Halbjahresbilanz am Weltflüchtlingstag
Liebe Leserinnen und Leser,
heute, am 20. Juni, ist der Weltflüchtlingstag. Wir gedenken der Ertrunkenen im Meer. Wir gedenken der Gefangenen in der Schubhaft. Wir gedenken aller derer, deren Menschenrecht auf Asyl jeden Tag gebrochen wird.
Wir vergessen aber auch diejenigen nicht, die Schuld sind an all dem Leid: weder die Tyrannen in den Herkunftsländern, noch die internationalen Konzerne, die die Lebensgrundlagen in der Dritten Welt zerstören, noch die Abschiebeminister hier auf diesem reichen Kontinent.
Und wie immer zur Halbzeit des Jahres ziehen wir die Bilanz unserer Arbeit, unserer Niederlagen und Erfolge.
Das erste Halbjahr 2011 war vom Widerstand gegen das Unrechtspaket gekennzeichnet. Dieses Gesetzesmachwerk ist das bisher letzte in einer langen Reihe von Verschärfungen, die alle dem Zweck dienen, Flüchtlingen den Zugang zu ihrem selbstverständlichen Recht zu verwehren.
Das neue Gesetz, Fekters Abschiedsgeschenk, verurteilt alle neu ankommenden Flüchtlinge zur Lagerhaft. Damit sie gar nicht erst in den Genuß einer unabhängigen Rechtsberatung kommen:
Wer das Lager Traiskirchen verläßt, um Asyl in Not aufzusuchen, wird festgenommen. Wer es bleiben läßt, ebenso: Denn sein Asylantrag wird negativ beschieden und er hat mangels Rechtsberatung keine Beschwerdemöglichkeit…
Also werden noch mehr schwerst Gefolterte, Traumatisierte im Gefängnis verschwinden. Wie die türkische Trans-Frau Yasar, die in ihrer früheren Heimat brutalst mißhandelt worden war und in Österreich hinter Gittern landete, nachdem der polizeinahe Ecker-Verein die Beschwerdefrist verpfuscht hatte.
Dank dem Eingreifen von Asyl in Not ist Yasar aber wieder frei. Es ist unser schönster politischer und rechtlicher Zwischenerfolg in diesem ersten halben Jahr.
An der großen Demonstration am 27. April 2011 hat Asyl in Not in einem breiten Bündnis maßgeblich mitgewirkt. Das Gesetz konnten wir nicht verhindern. Aber das Bündnis gegen das Unrechtspaket bleibt bestehen; für September 2011 bereiten wir gemeinsam mit diesen Organisationen und namhaften KünstlerInnen eine weitere Großveranstaltung vor.
Asyl in Not hat aber auch seit Jahresbeginn (Stand vom 15. Juni) unter widrigsten Bedingungen erfolgreiche Rechtsberatung gemacht. 38 Erwachsene und 24 Kinder erhielten dank unserer konsequenten, parteiischen Rechtsvertretung Asyl; 12 Erwachsene und 11 Kinder subsidiären Schutz.
Für 29 Erwachsene und 23 Kinder erreichten wir, daß die Asylbehörden die Ausweisung wegen guter Integration auf Dauer unzulässig erklärten, sodaß sie Niederlassungsbewilligungen erhielten. 10 Dublinbescheide erwachsener Flüchtlinge samt 5 Kindern wurden dank unseren Beschwerden behoben.
So kämpfen wir weiter unseren gerechten Kampf. PolizeiministerInnen und Unrechtsgesetze kommen und gehen – Asyl in Not bleibt bestehen.
Michael Genner
Obmann von Asyl in Not
Spendenkonto:
Raiffeisen (BLZ 32000),
Kontonummer 5.943.139, Asyl in Not
Wissenswertes zum Weltflüchtlingstag:
http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1/appell-an-die-innenminister/