… die schöne, rührselige, fast unglaubliche, aber doch wahre Geschichte
Mercy kam 2005 nach Österreich – als gesunde Frau, die ihre drei Kinder im späten Volksschulalter bzw. frühen Hauptschul-/ AHS-Alter in Nigeria zurücklassen musste, um vor den religiösen Unruhen zwischen Muslimen und Christen zu flüchten, ein neues Leben in Europa aufzubauen und so schnell wie möglich die Kinder nachzuholen. So einfach ging das aber nicht.
2009 war sie bereits mit einem Fuß im Abschiebeflieger, mit dem anderen Bein auch nicht unbedingt im goldenen Westen (oder geographisch gesehen eigentlich Norden): Sie wurde in Österreich mit HIV infiziert, es wurde erst sehr spät bemerkt, sie hatte einen Tumor am Gaumen – entsprechend schlecht ihr gesundheitlicher Zustand. Die letzte Rettung war ein zweiter Asylantrag, der durch ihren schlechten Gesundheitszustand und dadurch bedingte offenkundige Nichtabschiebbarkeit zugelassen wurde. Kurze Zeit, bzw. nach fünf Jahren in Österreich hatte sie endlich den Status als subsidiär Schutzberechtigte in Österreich.
Ihr Lebensgefährte Jeffrey, den sie bereits seit vielen Jahren in Österreich kennt, hat ein ähnliches Schicksal in Österreich: Er kam bereits 2004 nach Österreich, sollte auch nach Nigeria abgeschoben werden, als plötzlich eine weit fortgeschrittene HIV-Infektion festgestellt wurde. Auch für ihn war ein Zweitantrag und in weiterer Folge die Gewährung des Status als subsidiär Schutzberechtigter die Lebensrettung: Weder er noch Mercy würden in Nigeria wegen ihrer weit fortgeschrittenen Erkrankungen, durch die lange Abwesenheit und ohne ein soziales Netzwerk die Möglichkeit haben, eine Behandlung zu bekommen und würden in den Slums von Abuja oder Lagos erbärmlichst ihrem Ende entgegen sehen.
Umso mehr freut es mich, dass – in der Zeitrechnung eines Asyljuristen – relativ kurze Zeit später, nämlich unmittelbar nach Weihnachten 2011 die Kinder von Mercy nach Österreich legal im Rahmen der 2010 geschaffenen Möglichkeit der Familienzusammenführung für subsidiär Schutzberechtigte einreisen konnten; auch das war ein fast einjähriger Kampf mit der Botschaft in Abuja und dem Bundesasylamt, konnte aber letzten Endes doch bewerkstelligt werden.
Mittlerweile ist Juliet, die älteste Tochter von Mercy, bereits zwischen der Gewährung der Einreise und der faktischen Einreise 18 Jahre alt geworden. Damit ist sie nicht mehr mit ihrer Mutter in einem Asylverfahren, während ihre jüngeren Geschwister auf jeden Fall auch den Status als subsidiär Schutzberechtigte von Mercy erhalten müssen. Aber angesichts der – euphemistisch ausgedrückt – wenig prickelnden Lebensumstände in Nigeria sind wir auch für das Verfahren für Juliet optimistisch und freuen uns mit Mercy darüber, dass sie nach über sieben Jahren endlich ihre Kinder wieder bei sich hat und nicht zuletzt auch ihre Kinder in Österreich die Chance haben, ein neues Leben zu beginnen.
Mag. Judith Ruderstaller
Asyl in Not (Leiterin der Rechtsabteilung)
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