Ein Bericht von Ariane Olschak, Rechtsberaterin bei Asyl in Not

Familie H. aus Afghanistan, deren Verfahren wir von Beginn an begleiten durften, sind im neuen Jahr unsere ersten Klienten, die Schutz erhalten haben:

Es handelt sich um Herrn H., seine 17-jährige Tochter sowie seine beiden Söhne im Kindesalter. Herr H. stammt aus Afghanistan, seine Kinder sind im Iran zur Welt gekommen und haben ihr Heimatland nie kennengelernt.

Seine Tochter sticht besonders hervor: sie spricht bereits so gut Deutsch, dass sie selbst Erledigungen für die Familie vornimmt, tritt selbstbewusst auf und unterscheidet sich auch rein äußerlich nicht von der hier aufgewachsenen Jugend. Es ist klar, dass sie als moderne junge Frau, die sich den – ihr überhaupt nicht vertrauten – afghanischen Traditionen nicht fügen will und kann, Asyl bekommen muss. Doch so schnell geht es für die Familie nicht.

Auf der Flucht in ein sicheres Land durchqueren sie Kroatien. Einige Monate nach ihrer Ankunft in Österreich werden sie aufgefordert, dorthin zurückzukehren. Das jüngste EU-Mitglied Kroatien war zu dieser Zeit mit der Anzahl Geflüchteter, die es zurücknehmen sollte, dermaßen überfordert, dass es nicht einmal auf das Rücknahmeansuchen Österreichs reagierte. So kam Familie H. also erstmals zu uns in die Beratung, um eine Beschwerde gegen diesen Bescheid zu verfassen.

Ein knappes Jahr später wird die Familie in Österreich zum Verfahren zugelassen und recht rasch zu ihren Einvernahmen vor dem BFA geladen. Sie kommen erneut in unsere Beratung, diesmal mit einem Länderbericht zur Lage in Afghanistan, zu welchem sie sich schriftlich äußern dürfen.

Der Bericht spricht unter anderem davon, dass Frauen in Afghanistan doch mittlerweile studieren und arbeiten dürften, die Verfassung ihnen Gleichberechtigung garantiere und schon 2013 ein Gesetz zum Schutz vor Gewalt erlassen wurde. Dabei unberücksichtigt bleiben die Tatsachen, dass berufstätige Frauen nach wie vor ständig Opfer von Anschlägen werden, die gesamte Verfassung unter einem „Islam-Vorbehalt“ steht und somit nicht mehr als reine Theorie ist sowie, dass die Durchsetzung des angesprochenen Gesetzes bis heute vom afghanischen Parlament blockiert wird, da es für „unmoralisch“ erachtet wird.

Wir verfassen also eine Stellungnahme dazu; wenig später bekommt die gesamte Familie über die noch minderjährige Tochter Asyl in 1. Instanz. Das freut mich ganz besonders, denn nicht selten wird in solchen Fällen bis zur Volljährigkeit zugewartet, um Eltern und Geschwistern den Asylstatus zu verwehren.

Die Freude währt allerdings nicht lang. Familie H. kommt erneut in unsere Beratung: die Mutter und die jüngste Tochter befinden sich seit geraumer Zeit in Griechenland, nachdem die Familie auf der Flucht getrennt wurde.

Nun regelt die Dublin-III-Verordnung solche Fälle ganz eindeutig – Kernfamilienangehörige, die sich in einem EU-Staat befinden, dürfen zu ihren Verwandten, die bereits Asyl haben, nachkommen.

Frau H. und ihre Tochter verhalten sich völlig richtig; sie wenden sich an die griechischen Behörden und tun ihren Wunsch kund, mit ihrer Familie vereint zu werden. Griechenland fragt in Österreich an, ob es bereit ist, Frau H. und ihre Tochter aufzunehmen. Die Antwort Österreichs: nein, man fühle sich nicht zuständig, da die Familie sich auf der Flucht selbstverschuldet getrennt habe!

Diese Reaktion ist nicht nur unglaublich zynisch, sondern rechtlich auch völlig unbegründet – um nicht zu sagen: willkürlich. Der Haken an der Sache: es handelt sich dabei nicht um einen Bescheid, man kann dagegen also nicht einmal rechtlich vorgehen. Wir versuchen, dafür zu sorgen, dass Frau H. und ihre Tochter in Griechenland gut vertreten sind und tun das Wenige, das wir von hier aus tun können. 
 


Ariane Olschak,
Rechtsberaterin, Asyl in Not
01.02.2018


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