Im November 2017 berichteten wir von einer vergewaltigten afghanischen Frau, die gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrer jungen Schwester nach Österreich geflüchtet war:

http://www.asyl-in-not.org/php/einer_vergewaltigten_frau_glaubt_das_bfa_nicht,22045,44319.html

Das BFA wollte ihr erstens nicht glauben, dass sie mehrfach vergewaltigt wurde, zweitens hielt es ihre selbständige und weltoffene Einstellung nicht für asylrelevant. Die Argumentation des Bescheids war dermaßen absurd, dass sogar der ORF („Heimat, fremde Heimat“) darauf aufmerksam wurde und sie dazu interviewte.
 
Unsere LeserInnen erinnern sich vielleicht an die widerlichen Textperlen des BFA:
 
„Auf Nachfrage über konkrete Details der Vergewaltigung haben Sie emotionslos eine völlig unkonkrete Zusammenfassung vorgetragen. […]“
 
„Ebenso wurden Sie gefragt, was Sie sofort nach der Vergewaltigung gemacht haben. Sie haben angegeben, dass Sie Ihre Kleidung verbrannt hätten. Sie wurden befragt, warum Sie sich nicht gleich danach gewaschen hätten. Dazu haben Sie angegeben, dass Sie zuerst Wasser hätten holen müssen und dieses erst erwärmen hätten müssen. Dazu muss angemerkt werden, dass alle Opfer nach einer Vergewaltigung einen dermaßen ausgeprägten Ekel und das Bedürfnis nach einer ausgiebigen Reinigung haben.“
 
Der Fall wurde auch künstlerisch bearbeitet im Theaterstück „badluck reloaded“, Regie Karl Baratta, Co-Regie Natascha Sufi, Dramaturgie Thomas Bischof, uraufgeführt im Frühjahr 2018 im Theater Nestroyhof/Hamakom in Wien:
 
https://www.hamakom.at/badluck-reloaded
 
Nach einer Verhandlung vor dem BVwG im Juli 2018 folgte die zuständige Richterin unserer Argumentation, dass die Frau bei ihrer Erzählung sehr wohl Emotionen zeigte und der Vorwurf, dass sie nach ihrer Vergewaltigung nicht geduscht hätte, „vor dem Hintergrund der in Afghanistan gegebenen Infrastruktur“ nachvollziehbar sei.
 
Unsere Mandantin hatte mittlerweile ihr Kopftuch abgelegt; sie bezeichnet sich nicht mehr als Muslimin. Sie macht ihren Pflichtschulabschluss, nimmt in der Schule an Diskussionen zum Thema Gleichberechtigung von Mann und Frau teil und versucht aktiv, auch afghanische Familien mit konservativen Denkweisen davon zu überzeugen.
 
Für die Richterin zeigte sich dadurch klar die „westliche“ Orientierung der Frau (ebenso wie ihrer Mutter, die sie in ihre Haltung unterstützt) und sie erkannte ihnen den Asylstatus zu.
 
Aus der Erkenntnisbegründung:
 
„Die Beschwerdeführerin hat eine klare Vorstellung von Gleichberechtigung und bringt diese auch in Diskussionen mit Mitschülern, über die sie in der mündlichen Verhandlung spontan und mit Nachdruck berichtete, zum Ausdruck. Ihre Deutschkenntnisse (…) stellte sie in der mündlichen Verhandlung souverän unter Beweis, in der sie weite Teile der Verhandlung – auch unaufgefordert – souverän auf Deutsch durchführte.“
 
„Sie führte aus, dass sie zunächst mit den Gepflogenheiten in Österreich nicht vertraut war, sich nach einiger Zeit aber bewusst dazu entschlossen habe, sich in keinerlei Hinsicht beschränken zu lassen und auch kein Kopftuch mehr tragen zu wollen. Insgesamt präsentierte sich die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung als moderne Frau, die ihre neue gewonnene Freiheit als Frau schätzt, was sich nicht nur in ihrer Kleidungsweise zum Ausdruck brachte, sondern insbesondere auch darin, dass sie glaubhaft vermittelte, ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit anzustreben.“

 
(GZ: W229 2173592-1, Richterin Mag.a Elisabeth Wutzl)
 
Ein wunderschöner Sieg der parteiischen Rechtsvertretung durch Asyl in Not. Ganz herzlichen Dank an unsere Rechtsberaterin Mag.a Ariane Olschak, die das Verfahren geführt und gewonnen hat, sowie an den ORF, das Theater Hamakom sowie Karl Baratta, Natascha Soufi und alle anderen Mitwirkenden, die zum guten Gelingen beigetragen haben.
 
Unserer Mandantin wünschen wir auf ihrem weiteren Lebensweg viel Glück und Erfolg!
 
Michael Genner
Obmann von Asyl in Not
17. Oktober 2018

 
www.asyl-in-not.org
 
Spendenkonto: Asyl in Not
IBAN: AT29 3200 0000 0594 3139
BIC: RLNWATWW
 
Online spenden:
http://www.asyl-in-not.org/php/spenden.php

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