Amir hat endlich Asyl erhalten!

Ein Sieg der parteiischen Rechtsvertretung durch Asyl in Not.

Richter: Volker Nowak
GZ: W177 2197895-1/16E
 
Amir, unser Freund und ehrenamtlicher Dolmetscher bei Asyl in Not, ist 2015 aus Afghanistan nach Österreich geflüchtet, nachdem sein Vater von den Taliban ermordet worden war. Das BFA entschied rechtswidrig gegen sein Asylgesuch.
5 Jahre nach seiner Ankunft in Österreich hat Amir vor Gericht endlich Recht bekommen!
 
Sein Vater war Dorfältester gewesen; die Taliban hatten von ihm verlangt, die jungen Männer im Dorf für sie zu rekrutieren. Auch Amir, damals 18 Jahre alt, wäre davon betroffen gewesen. Der Vater weigerte sich und wurde erschossen. Amir gelang die Flucht.
 
Sein Asylantrag wurde mit den üblichen absurden Nichtbegründungen in erster Instanz abgewiesen:
 
Er habe „bloß ein höchst vages und abstraktes Vorbringen dargelegt“. Eigene Fluchtgründe habe er nicht geltend gemacht, sondern lediglich über seinen Vater berichtet. Die jungen Männer, die Amirs Vater hätte rekrutieren sollen, bezeichnet das BFA als „Dorfkinder“, womit jeder Zusammenhang mit Amir, der kein Kind mehr war, beiseite gewischt werden sollte. Es sei nicht glaubhaft, dass er nach dem Tod seines Vaters sofort geflüchtet sei, statt mit seiner Familie zu trauern. Auch hätte er in Kabul Schutz finden können.
 
Amir ließ sich davon nicht entmutigen. Er lernte Deutsch, bestand die Integrationsprüfung und fand Freund*innen österreichischer und afghanischer Herkunft. Seit 2018 arbeitet er ehrenamtlich als Dolmetscher bei Asyl in Not. Er ist eine wichtige Stütze unseres Teams.
 
Amir fand auch Anschluss an eine Gruppe philosophisch und politisch engagierter junger Afghan*innen, die sich durchwegs vom Islam abgewendet hatten und Atheist*innen geworden waren. Nach anfänglichem Zögern wurde auch Amir Atheist und trat aus der islamischen Glaubensgemeinschaft aus. Eine Austrittsbestätigung schickten wir an das Bundesverwaltungsgericht.
 
Im Juli 2020 fand die Beschwerdeverhandlung vor dem BVwG (Richter Volker Nowak) statt. Ich begleitete Amir als Rechtsvertreter, die meisten unserer Mitarbeiter*innen nahmen als solidarische Beobachter*innen teil.
Eine österreichische Freundin von Amir und ein afghanisches Mitglied der erwähnten atheistischen Gruppe sagten als Zeug*innen aus und bestätigten seinen offen gezeigten Abfall vom Islam wie auch seine Ablehnung jeder anderen Religion.
 
Richter Nowak führte mit Amir ein Gespräch über dessen Ansichten zu Religionen, zum Sinn des Lebens und seiner eigenen Position und verkündete sodann die positive Entscheidung: Amir hat Asyl!
 
Aus der mündlichen Erkenntnisbegründung:
 
„Der Beschwerdeführer ist in seiner inneren Überzeugung persönlich glaubwürdig. (…) Es ist davon auszugehen, dass er wegen seiner Abwendung vom Islam bzw von allen anderen Religionen im Herkunftsland keine Möglichkeit hätte, ohne größere Gewissenskonflikte zu leben. Im Falle einer Rückkehr käme erschwerend hinzu, dass er und sein Vater sich weigerten mit den Taliban zu arbeiten. Der Vater wurde deswegen schon umgebracht. Es ist davon auszugehen, dass er in das Blickfeld der Taliban gelangt ist und der Staat ihn davor nicht schützen kann. Diese Bedrohung insbesondere aufgrund der Abwendung von Religionen gilt für ihn landesweit, weshalb eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht in Frage kommt. Ausdrücklich festgehalten wird, dass sich der BF in Österreich außergewöhnlich gut integriert hat.“
 
Das Erkenntnis ist rechtskräftig und Amir hat endlich den Schutz, den er bereits vor 5 Jahren verdient hatte. Wir kämpfen für alle unsere Klient*innen, aber es stärkt uns umso mehr, wenn wir unseren Freund*innen zu ihrem Recht verhelfen können!
 
Wir freuen uns mit Amir, danken ihm für seine engagierte Arbeit in unserem Team und wünschen ihm weiterhin viel Glück!
 
Michael Genner, Asyl in Not

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