SOS Mitmensch fordert Rücktritt von Innenministerin Prokop.

Tödliche Schubhaft wurde rechtswidrig verhängt – Kein Einzelfall

Die Menschenrechtsgruppe SOS Mitmensch fordert den Rücktritt von Innenministerin Liese Prokop. Grund: Gestern erklärte der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) in Linz die Verhängung der Schubhaft über Yankuba Ceesay als rechtswidrig. Für den jungen Gambier war diese tödlich verlaufen, da alle Anzeichen von Haftunfähigkeit – wie der Verlust eines Fünftels des Körpergewichtes – “übersehen” wurden.

“Prokop hat immer gesagt, sie steht voll hinter ihrem Schubhaft-Konzept. Warnungen hat sie in den Wind geschlagen. Jetzt soll sie die Verantwortung dafür auch wirklich übernehmen und zurücktreten”, fordert SOS-Sprecher Philipp Sonderegger.

Am Tod Yankubas zeige sich “die schreckliche Tragweite des österreichischen Schubhaft-Regimes”. In Linz hätten zu unrecht eingesperrte Schubhäftlinge keine Möglichkeit zu ihrem Recht zu kommen, da der mit der Betreuung beauftragte “Verein Menschenrechte” – ein regierungsnaher Dienstleister – keine Rechtsberatung mache und auch keine Vertretungs-Vollmachten der Inhaftierten an Betreuungsorganisationen übermittle. So bleibe AsylwerberInnen, die von der Rechtswidrigkeit ihrer Behandlung überzeugt seien, nur der Hungerstreik.

Kein Einzellfall

Bereits im vergangenen Juli wurde ein polnischer Staatsbürger von einem zurechnungsunfähigen Mithäftling erstochen. In der Urteilsbegründung erklärte Richterin Gabi Weiss die politisch Verantwortlichen als Schuldige am Tod des Schubhäftlings. 

“Wir können nicht mehr zusehen, wie einer nach dem anderen stirbt, weil Prokop am liebsten alle wegsperren würde”, schließt Sonderegger.

SOS MITMENSCH

Philipp Sonderegger, Sprecher

Fremdenrechtspaket: erste Anfechtung !

Individualantrag von Michael Genner an den Verfassungsgerichtshof:

Der Anti-NGO-Paragraph 115 muß weg!


Liebe Leserinnen und Leser!

Als Obmann von Asyl in Not habe ich über die Rechtsanwaltskanzlei Wolfgang Rainer einen Individualantrag an den Verfassungsgerichtshof eingebracht und die Aufhebung des § 115 Absatz 1 des neuen Fremdenpolizeigesetzes verlangt.

§ 115 (1) lautet:

 „Wer mit dem Vorsatz, das Verfahren zur Erlassung oder die Durchsetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen hintanzuhalten, einem Fremden den unbefugten Aufenthalt im Hoheitsstaat eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union erleichtert, ist vom Gericht mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.“

Dieser Paragraph betrifft mich ganz direkt. Ich bin seit 1989 als Rechtsberater und Betreuer von Flüchtlingen tätig. Fast alle meine Klienten waren im Laufe ihrer Verfahren irgendwann einmal illegal.

Trotzdem erhielten viele von ihnen am Ende Asyl. Sie sind nämlich Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention. Ihnen allen habe ich durch meine Arbeit ihren zunächst unbefugten, illegalen Aufenthalt erleichtert, und ich hatte auch den Vorsatz, das zu tun. Heute, nach Inkrafttreten des Prokopgesetzes, ist dieser Aspekt meiner Arbeit wichtiger denn je.

Tag für Tag verschwinden Menschen in der Schubhaft. Menschen, die in ihrer Heimat Furchtbares erdulden mussten und schwerst traumatisiert sind. Es verschwinden Minderjährige, Schwangere und Kranke. Für die Flüchtlinge sind in Österreich die Menschenrechte abgeschafft.

Zu uns kommen verzweifelte Menschen, voll Sorge um ihre verschleppten Angehörigen und voll Angst vor der eigenen Verhaftung. Diese Menschen brauchen unsere Hilfe. Sie brauchen Rechtsbeistände, die parteiisch an ihrer Seite stehen. Sie brauchen Unterkünfte, Verpflegung, ärztliche und psychologische Betreuung.

Aber das Gesetz stellt jede rechtliche und humanitäre Hilfe für Flüchtlinge, die sich „nicht rechtmäßig“ im Bundesgebiet aufhalten, unter Strafe. Diese Drohung ist so weit gefasst, daß eine verlässliche Abgrenzung zwischen „erlaubtem“ und „strafbarem“ Verhalten nicht mehr möglich ist. Somit wird ein „Beliebensstrafrecht“ geschaffen, das allen rechtsstaatlichen Grundsätzen Hohn spricht.

Betroffen sind zum Beispiel Flüchtlinge, die noch nicht zum Verfahren zugelassen sind oder deren Anträge „zurückgewiesen“ wurden, weil man sie in (wie wir wissen, nicht sichere!) „Dublin“-Staaten abschieben will.

Diese Menschen stellen wir unter unseren Schutz. Dafür werde ich von Frau Liese und ihrer Beamtenschaft mit sechs Monaten Gefängnis bedroht. Nicht dass mich das schreckt, mir haben schon andere Leute gedroht. Das gehört zu meinem Berufsrisiko.

Aber ich möchte einfach noch einmal wissen, ob es Richter gibt in diesem Land, die die Verfassung schützen und die Menschenrechte höher stellen als das fremdenfeindliche Gejaule der Rassisten quer durch die Parteien.

Die Regierungsparteien der Schüssel-Haiderei haben sich vor Beschlussfassung des Antifremdenpakets unter dem Eindruck der öffentlichen Proteste darum bemüht, den § 115 zu verharmlosen: nämlich durch einen (auf Antrag der Partik-Pablé beschlossenen) Zusatz, demzufolge Rechtsanwälte davon nicht betroffen seien. Rechtsanwälte – schön und gut! Und NGOs? Davon steht nichts in diesem Gesetz. Sie sind nicht ausgenommen. Umkehrschluß: Sie sind gemeint!

Diese (sachlich nicht gerechtfertigte) Ungleichbehandlung von Rechtsanwälten und NGOs, obwohl beide gleichermaßen für die rechtliche Vertretung der Asylwerber sorgen, ist gleichheitswidrig und daher Verfassungsbruch.

Dieser Anti-NGO-Paragraph muß weg. Eventualiter beantragen wir die Aufhebung der Ausnahmeklausel für Rechtsanwälte. Selbstverständlich nicht, weil wir etwas gegen die Rechtsanwälte hätten – im Gegenteil, wir arbeiten mit vielen von ihnen eng zusammen; sondern einzig aus dem Grund, weil wir für gleiches Recht für alle sind.

Meine Klage habe ich nicht nur meinetwegen, nicht nur im Interesse von Asyl in Not, sondern stellvertretend für alle NGOs eingebracht, denn wir alle sind von diesem Gesetz gleichermaßen bedroht.

Ich danke ganz herzlich den Rechtsanwälten Wolfgang Rainer und Herbert Pochieser, die die Idee hatten und mich als Versuchskaninchen für ein solches Musterverfahren ausgewählt haben; der Kanzlei Rainer für die Knochenarbeit, meinem Freund und Lehrer Herbert Pochieser für seinen Rat. Besonders danke ich auch Roland Hermann (Kanzlei Rainer), dessen brillante Schriftsätze schon so manchen rechtswidrigen Bescheid zu Fall gebracht haben.

Um Menschen zu schützen, liebe Leserinnen und Leser, brauchen wir auch Ihre Hilfe. Wir brauchen Unterkünfte für Verfolgte; Geld für Verpflegung, Geld für Verfahrenskosten. Bitte, helfen Sie uns helfen!

Unser Spendenkonto:

Asyl in Not,

P.S.K., Kontonummer 92.034.400

Michael Genner

Asyl in Not

Währingerstraße 59

1090 Wien

Tel.: 408 42 10-15, 0676 – 63 64 371

www.asyl-in-not.org

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