Folter in der Slowakei

Slowakische Polizisten urinieren auf Flüchtlinge.

Folter, Schläge, Drohungen –
die Lüge vom „sicheren Dublinstaat“.

Herr A. ist Palästinenser und verbrachte den Großteil seines Lebens im Irak. Die Palästinenser waren dort schon zu Saddams Zeiten Schikanen ausgesetzt, nach dem Einmarsch der USA verschärfte sich ihre Lage noch mehr. So wurden Herr A. und seine Familie mit Waffengewalt aus ihrer Wohnung vertrieben und mussten schließlich in Zelten der UNO wohnen. Als einer seiner Freunde vor seinen Augen von einer Autobombe zerfetzt wurde, entschlossen sich Herr A und sein Bruder zur Flucht.

Sie erreichten die Slowakei und glaubten sich schon im sicheren, rechtsstaatlichen Europa. So kann man sich irren. Einer Psychotherapeutin beim Verein HEMAYAT erzählte der schwer traumatisierte Mann laut Befundbericht:

„Nach dem Grenzübertritt in die Slowakei und der Durchführung der Fingerabdrücke habe man den Klienten und seinen Bruder zusammen mit anderen Flüchtlingen drei Tage lang eingesperrt. Alle hätten sich auf den Boden legen müssen. Dann seien die Polizisten an ihnen entlang gegangen und hätten auf die Köpfe der am Boden liegenden uriniert. Nach drei Tagen habe man die eingesperrten Flüchtlinge in ein Lager verlegt, wo sie sich zwar frei bewegen konnten, aber von der Polizei geschlagen wurden.“

Herr A. und sein Bruder flüchteten aus diesem Lager nach Tschechien weiter, wurden aber in die Slowakei zurückgeschoben. Dort empfing sie derselbe Polizist, der ihnen schon beim ersten Mal die Fingerprints abgenommen hatte, mit den Worten: „Beim nächsten Mal, wenn ihr davonlauft, bringe ich euch um.“

Der behandelnden Therapeutin erscheint „sein Bericht aus psychotherapeutischer Sicht authentisch und glaubhaft.“ Sie stellt fest, daß Herr A. unter einem posttraumatischen Belastungssyndrom leidet, ausgelöst durch den grauenvollen Bombentod seines Freundes im Irak, aber noch verstärkt durch die unmenschliche Behandlung in der Slowakei.

Herr A. hat das alles nicht sofort erzählt. Er konnte das nicht. Er machte zunächst nur geltend, daß er sich vor einer Zurückschiebung in die Slowakei wegen der Gefahr von Kettenabschiebungen fürchtet. Erst nach einiger Zeit, als er Vertrauen zu seiner Therapeutin gefunden hatte, war er imstande, über die Ungeheuerlichkeiten zu sprechen, denen er in der Slowakei ausgesetzt war.

Sein Asylantrag wurde wegen „Dublin-Zuständigkeit“ der Slowakei als unzulässig zurückgewiesen. Sein Bruder hingegen wurde zugelassen; er war sogar in den Augen des Asylamts traumatisiert genug… Man sieht daran, welches Lotteriespiel solche Asylverfahren hierzulande sind.

Aus Angst, von seinem Bruder getrennt und ohne ihn abgeschoben zu werden, unternahm Herr A. im Oktober 2005 einen Selbstmordversuch.

Der Unabhängige Bundesasylsenat (Mag. Nowak) behob den Bescheid und schickte den Fall zur neuerlichen Verhandlung an die Erstaufnahmestelle zurück. Begründung: Aufgrund eines Sachverständigengutachtens bestehen Zweifel an der Sicherheit der Slowakei (siehe dazu unser Rundschreiben „UBAS: Slowakei nicht sicher“ vom November 2005).

Die Erstabschiebestelle erließt jedoch einen Beharrungsbescheid. Der Beamte Eisner, der Herrn A. beamtshandelte, scheint ein ausgebildeter Psychiater zu sein, denn er schreibt im Bescheid: „Während der gesamten Einvernahme konnten beim Asylwerber keine Anzeichen von Traumatisierung festgestellt werden.“ Daher hielt er es nicht einmal für nötig, ein Gutachten einzuholen.

Die Therapeutin von „Hemayat“ hingegen stellte fest, dass Herr A. „einen äußert niedergedrückten und verzweifelten Eindruck“ mache, unter „panischen Angstzuständen“ leide und schwer traumatisiert sei. Und – was besonders erschreckend ist: Die schwerste Traumatisierung habe in der Slowakei stattgefunden durch „extrem demütigende und an Folter grenzende Erfahrungen.“

Asyl in Not hat gegen den Beharrungsbescheid der Erstabschiebestelle Berufung erhoben. Wir hoffen auf einen raschen (und diesmal endgültigen) UBAS-Bescheid. Die Beamtenschaft in der Erstabschiebestelle aber werden wir zur Einhaltung elementarer Verfahrensregeln und zum Respekt vor den Menschenrechten erziehen. Auch wenn das mitunter ein schmerzlich mühevoller Vorgang sein wird.

Michael Genner

Asyl in Not

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