Tschetschenische Flüchtlinge:

BH Gmünd hat Anträge nicht protokolliert.
Sicherheitsdirektion weist Berufungen ab.
Asylamt versteht unsere Anträge nicht.
Strasser lässt einsperren – und bereitet Schlimmeres vor

Die Sicherheitsdirektion Niederösterreich hat unsere Berufungen gegen die Aufenthaltsverbote abgewiesen, welche die Bezirkshauptmannschaft Gmünd zu Allerheiligen vorigen Jahres über unsere tschetschenischen Klienten verhängt hatte, ehe man sie über die Grenze zurückschob.

Lapidare Begründung: Die Tschetschenen hätten gar keine Asylanträge gestellt. Jedenfalls sei nichts dergleichen zu finden in den Protokollen der BH Gmünd… Und man könne doch nicht bei jedem „illegalen Grenzgänger“, der durch einen Fluß watet, vermuten, daß er ein Flüchtling sei!

Und was nicht protokolliert wurde von Strassers braven Beamten in Gmünd, das kann ja wohl auch nicht geschehen sein. Oder? Unsere Beweisanträge, die Beamten und die Tschetschenen als Zeugen zu befragen, wurden von der Sicherheitsdirektion „nicht einmal ignoriert“.

Die schriftlichen Erklärungen der Tschetschenen, sie hätten beim Durchwaten des Grenzflusses „Asyl“ geschrieen, finden auch keine Erwähnung in den Bescheiden der Sicherheitsdirektion; ebenso wenig ihre Vermerke auf unseren Vollmachten, sie hätten ihre Asylanträge nicht freiwillig zurückgezogen.

Das sind ziemlich viele Verfahrensfehler auf einmal; Rechtsanwalt Georg Bürstmayr und Rechtsanwältin Nadja Lorenz werden daher nun Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof erheben.

Pointe am Rande: Die Bescheide der Sicherheitsdirektion stammen von einem alten Bekannten – Herrn Aschauer, vormals Asylamt Wien. Seine rechtswidrigen Bescheide hatten wir jahrelang bekämpft und öffentlich angeprangert, bis er zermürbt das Handtuch warf und sich nach St.Pölten versetzen ließ, wo Herr Strasser für ihn eine Verwendung fand. So sieht man sich wieder. Er wird uns nicht los.

Auch das Bundesasylamt trägt zu unserer Erheiterung bei. Es hat nämlich die von uns angeblich am 15.1.2004 für unsere tschetschenischen Klienten gestellten Asylanträge als unzulässig zurückgewiesen. Begründung: Unsere zurückgeschobenen Klienten befinden sich leider nicht in Österreich…

Wir haben aber in unseren Schriftsätzen vom 15.1.2004 gar keine Asylanträge gestellt, sondern Anträge auf Zustellung von Ladungsbescheiden und auf Bescheinigung der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, damit unsere (rechtswidrig zurückgeschobenen) Klienten nach Österreich zurückkehren und hier ihre Asylverfahren weiterführen können.

Ihre Asylanträge haben sie nämlich (auch wenn das nicht in den Protokollen der BH Gmünd steht) schon am 1. November 2003 ganz ohne unsere Hilfe gestellt.

Die Bescheide des Bundesasylamtes gehen also voll daneben. Sie sind von Herrn Wohlmuth unterzeichnet, dem Leiter der Außenstelle Wien. Hat er unsere Anträge nicht gelesen? Oder womöglich – nicht verstanden? Das wollen wir doch nicht annehmen.

Wir werden nun Berufungen an den Unabhängigen Bundesasylsenat erheben. Und wir halten jetzt schon fest, daß Herrn Wohlmuths Bescheide keine Erledigung der (am 1. November gestellten) Asylanträge unserer tschetschenischen Klienten sind.

Sollte über diese Anträge bis 1. Mai (sechs Monate nach Antragstellung) noch nicht entschieden sein, dann wäre die Behörde säumig dann könnten wir nicht umhin, Devolutionsanträge an den UBAS zu stellen. Der könnte dann endlich in der Sache entscheiden. Mit guter Erfolgsaussicht.

Denn bekanntlich ist die Anerkennungsquote bei tschetschenischen Flüchtlingen sehr hoch. Sie sind nämlich durchwegs vor politischer Verfolgung und ethnischen Säuberungen geflohen. Eigentlich müsste Österreich ihnen prima facie, auf den ersten Blick, Asyl gewähren.

Trotzdem sperrt man Tschetschenen in Österreich ein. Ohne Gerichtsverfahren, ohne Delikt – aus keinem anderen Grund, als weil sie so dreist waren, Schutz zu suchen in diesem gastfreundlichen Land.

In Salzburg – das hören wir soeben hören wir von der dortigen Amnesty-Flüchtlingsgruppe – sitzen elf Tschetschenen in Schubhaft. Ihre verzweifelten Frauen und Kinder wurden von ihnen getrennt und ins Lager Traiskirchen gebracht. Eine der Frauen ist hochschwanger, eine andere schwer traumatisiert. Die Kinder sind 3 bis 5 Jahre alt. Täter ist einmal mehr die BH Gmünd.

Zu alledem beschimpft Herr Strasser die Tschetschenen auch noch: Sie hätten ihre Kinder „als Schutzschilde mißbraucht“. Schutzschilde – wogegen? Wollte er auf sie schießen lassen? Seine Wortwahl lässt diesen Schluß zu. Sie steht auch in gutem Einklang mit Vergewaltigung und Zigarettenfolter in Traiskirchen; die Medien berichteten darüber. So weit sind wir gekommen.

Das alles ist nur ein Vorgeschmack auf die Zeit nach dem 1. Mai. Dann tritt Strassers Antiasylgesetz in Kraft. Dann beginnt erst die Menschenjagd im großen Stil. Wir werden darauf vorbereitet sein.

Michael Genner,
Asyl in Not

1090 Wien, Währingerstraße 59
Tel. 408 42 10-15

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