Hinter der Scheibe

Diana ist 7 Jahre alt. Ihren Vater darf sie nur durch eine Glasscheibe sehen. Er sitzt im Polizeigefängnis Hernalser Gürtel in Schubhaft. Diana wurde in einem Krisenzentrum der Gemeinde Wien untergebracht.

Diana und ihr Vater sind Tschetschenen. Dem Völkermord entronnen, den die russische Besatzungsmacht in ihrer Heimat verübt. Das reiche Österreich hat ihren Asylantrag zurückgewiesen. Weil sie angeblich in der Slowakei vor Verfolgung sicher sind.

Bis zum 30. April war die Slowakei nach ständiger Rechtsprechung des Unabhängigen Bundesasylsenats (UBAS) ein nicht sicherer Drittstaat. In der Nacht zum 1. Mai ist sie plötzlich sicher geworden. Weil sie seither EU-Mitglied ist.

Diana und ihr Vater sind schon einmal von Österreich in die Slowakei abgeschoben worden. Dort waren sie kurze Zeit in einem Lager. In ständiger Angst, weitergeschoben zu werden in die Ukraine und von dort nach Russland, ins Verfolgerland – wie es schon so manchem anderen tschetschenischen Flüchtling ergangen ist.

Daher haben Diana und ihr Vater noch einmal versucht, nach Österreich zu flüchten. Seither können sie einander nur mehr durch die Scheibe sehen.

Dianas Asylantrag durfte – ob die Slowakei nun sicher ist oder nicht – keinesfalls zurückgewiesen werden. Sie ist traumatisiert. Laut Mitteilung der Amtsärztin der Erstaufnahmestelle Traiskirchen leidet sie an einer Anpassungsstörung, die sich in Bettnässen, Schlafstörungen und Angstzuständen äußert.

Traumatisierte sind – Dublin hin, Dublin her – zum Verfahren zuzulassen. Das könnte das Asylamt jetzt schon wissen. Die Medien haben über derartige Fehlleistungen der Erstaufnahmestelle genug berichtet. Aber manche Leute werden auch aus Schaden nicht klug.

Asyl in Not hat für Diana und ihren Vater Berufungen gegen die Zurückweisung ihrer Asylanträge und Schubhaftbeschwerden eingebracht. Wahrscheinlich werden sie trotzdem wieder abgeschoben. Weil der UBAS sich nur noch selten zu klaren, richtungweisenden Entscheidungen aufrafft.

Das ist Strasserland, im Herbst 2004. Manchmal spüren wir nur mehr Ohnmacht. Und Wut.

Michael Genner, Asyl in Not
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(Asyl in Not)

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