Ostergedanken: Wir Illegalen
„Und wer noch keines hat, der verkaufe seinen Mantel und kaufe ein Schwert. Denn es muß an mir in Erfüllung gehen, was geschrieben steht: Er ist unter die Illegalen gerechnet“.
Jesus zu seinen Anhängern,
Ostern 30 n.Chr.,
zitiert nach Lukas, 22, 36-38.
Zu Ostern war ich krank (drum erscheint mein Brief erst jetzt) und hatte viel Zeit zum Lesen. Unter anderem die Bibel, ein interessantes, stellenweise subversives Buch.
Jesus wollte, so steht es im Text, zu den „Anomoi“ gehören, griechisch „nomos“: das Gesetz, „a-nomos“: gesetzlos, outlaw, illegal.
Die Jünger hatten übrigens seinen Rat nicht abgewartet: Sie antworteten nämlich ein jeder: „Meister, schau: zwei Schwerter!“ (Lukas, ebenda).
Ist trotzdem schlecht ausgegangen damals; das Imperium war besser gerüstet. Aber die Gedanken haben überlebt und entfalten noch heute ihre widerständige Kraft.
Den Begriff „illegal“, wie ein großer Mann vor zweitausend Jahren ihn meinte, wollen wir positiv besetzen im öffentlichen Diskurs unserer Zeit.
Einer Zeit, in der Menschen zu „Illegalen“ werden, weil der Staat in ihnen nur „Fremde“, keine Menschen sieht.
Einer Zeit, in der Menschen gejagt, verhaftet, abgeschoben werden, weil sie künstliche, von den Staaten diktierte Grenzen überschreiten, um Schutz zu suchen vor Verfolgung und Not.
Einer Zeit, in der das Regime „verschärfte Maßnahmen“ gegen diejenigen, die am meisten gelitten haben, Traumatisierte und Folteropfer, vorbereitet und sogar die Hilfe für Verfolgte bestrafen will.
In dieser Zeit sind wir aufgerufen, Widerstand zu leisten und uns zu den „Illegalen“ zählen zu lassen – wie es damals gemeint war vor zweitausend Jahren.
Das ist unsere Botschaft im Frühling 2005.
Beste Nach-Ostergrüße!
Michael Genner
Asyl in Not
Ostern 2005
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