Plant Böhmdorfer eine Nacht- und Nebelaktion? Österreichs Justiz bricht internationales Recht.

Asyl in Not
Michael Genner
(Geschäftsführer)

Presseerklärung

Wien, 22. März 2002

Asyl in Not ist tief besorgt über die drohende Auslieferung des ägyptischen Asylwerbers Bilasi Ashri an die Behörden des Verfolgerlandes.

Ungeachtet der Proteste von Menschenrechtsorganisationen, ungeachtet der Mahnungen des UNHCR könnte eine Nacht- und Nebelaktion unmittelbar bevorstehen.

Dieser Rechtsbruch ist nur durch Druck der Öffentlichkeit zu verhindern.

Bilasi Ashri droht in Ägypten Folter und Tod. Österreich würde durch seine Auslieferung gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Antifolterkonvention verstoßen. Ebenso würde das Asylgesetz gebrochen, das jegliche Außerlandesschaffung während eines laufenden Asylverfahrens ausdrücklich untersagt.

Bilasi Ashri lebt seit 1995 als Asylwerber in Österreich. In Ägypten gehörte er einer islamischen Gruppierung an, für die er gewaltfrei tätig war. Er war mehrmals in Haft, wurde wiederholt misshandelt und gefoltert und flüchtete nach Österreich. Sein Asylverfahren ist immer noch anhängig. In der Zwischenzeit wurde er in Ägypten in Abwesenheit zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt.

Österreich Justiz hat das Kunststück geschafft, die Delikte, die Bilsasi Ashri von seinen Verfolgern zur Last gelegt wurden, in “politische” und “unpolitische” zu zerlegen. Er hätte u.a. dazu angestiftet, einen LKW zu überfallen und einen Fernsehapparat, zwei Gasflaschen und ein Schaf (!) zu stehlen… Dafür darf man ihn ausliefern. Ob er dann auch – sozusagen en passant – wegen der politischen Delikte gefoltert und umgebracht wird, kümmert die österreichischen Behörden einen Dreck.

Nebenbei bemerkt: Diese “unpolitischen” Vorwürfe stammen von Häftlingen, die von den ägyptischen Behörden in der Haft gefoltert wurden. Politisch Verfolgten angebliche kriminelle Delikte anzuhängen und diese Beschuldigungen auf Foltergeständnisse zu stützen, gehört zum Standardrepertoire aller Regime dieser Art. Das zu wissen, war wohl auch den österreichischen Richtern zumutbar.

Daß Bilasi Ashri selbst in ägyptischer Haft gefoltert wurde, ist durch ein – auf modernsten wissenschaftlichen Methoden beruhendes – psychologisches Gutachten bewiesen. Über dieses Gutachten setzte sich das Oberlandesgericht Wien – bar jeder Fachkenntnis, dafür mit umso größerer Arroganz – hinweg.

Bilasi Ashri sitzt immer noch in Auslieferungshaft. Eine von Amnesty international gestartete “urgent action” blieb bisher ergebnislos; ebenso ein Schreiben des UNHCR, worin Justizminister Böhmdorfer auf Österreichs Verpflichtungen aus dem Asylgesetz und der Genfer Flüchtlingskonvention hingewiesen wurde.

Rechtsanwalt Dr. Herbert Pochieser hat in dieser Causa eine Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof eingebracht. Er hat deutlich gemacht, daß der Senat des OLG Wien, welcher die Auslieferung Bilasi Ashris für zulässig erklärte, befangen war, weil er offenkundig Willkür übte und krampfhaft bemüht war, die von vornherein beabsichtigte Auslieferung durchzusetzen.

Nach Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention darf niemand der Folter oder unmenschlicher Behandlung unterworfen werden. Diese Konvention hat in Österreich Verfassungsrang!

Gemäß Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention darf kein vertragsschließender Staat einen Flüchtling in irgendeiner Form (also auch nicht in Form einer Auslieferung !) in ein Gebiet ausweisen oder zurückweisen, wo sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht ist.

Diese Konvention hat in Österreich Gesetzesrang und ist von jeder Behörde, auch von einem Gericht, auch von einem Justizminister einzuhalten.

> Asyl in Not fordert daher die österreichische Justiz mit Nachdruck dazu auf, die geltenden Gesetze und internationalen Verträge zu respektieren.

> Der Fall Bilasi Ashri zeigt in erschreckender Weise die Gefahren auf, die dem Rechtsstaat von seinen eigenen Repräsentanten drohen.

> Eine Reform der Behörden an Haupt und Gliedern tut not. Die Menschenrechte müssen wieder gelten in diesem Land.

Michael Genner
Geschäftsführer von Asyl in Not


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